Nokia, HTC und RIM zu iPhone-Antennenproblem: Apple lügt

Apple CEO Jobs appears on stage during a news conference at Apple headquarters in California
Apple CEO Jobs appears on stage during a news conference at Apple headquarters in California(c) REUTERS (Kimberly White)
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Die Hersteller lassen den Vorwurf, auch ihre Geräte würden unter denselben Problemen wie das iPhone 4 leiden, nicht auf sich sitzen. Apple versuche, andere Hersteller in sein "selbstgemachtes Debakel" hineinzuziehen.

Die vergangenen Freitag stattgefundene Pressekonferenz, in der Apple-Chef Steve Jobs auf die Antennenprobleme des iPhone 4 einging, hat heftige Reaktionen von anderen Handyproduzenten nach sich gezogen. Jobs hatte am Beispiel anderer Smartphones, unter anderem einem Blackberry und einem HTC-Gerät, demonstriert, dass auch sie unter Empfangsproblemen leiden können. Das lassen diese beiden Hersteller nicht auf sich sitzen. Aber auch der Handy-Weltmarktführer Nokia hat sich lautstark zu Wort gemeldet. Inzwischen wird das Designproblem des iPhone 4 schon als "Antennagate" bezeichnet.

"Inakzeptables" Verhalten von Apple

Die beiden Chefs von Blackberry-Hersteller RIM werfen Apple in einem gemeinsamen Statement vor, dass Apple versuche, andere Firmen in sein "selbstgemachtes Debakel" hineinzuziehen. Das sei "inakzeptabel" und ein plumper Versuch, die öffentliche Meinung zu verdrehen. RIM habe bewusst vermieden, Geräte so wie das iPhone 4 zu konstruieren, dessen Antennen für Telefonie, WLAN und GPS in den Edelstahlseiten integriert sind. "Eines ist sicher: RIMs Kunden brauchen keine Schutzhülle für ihre Blackberry-Smartphones, um in Verbindung zu bleiben", wettern die CEOs.

Kostenlose Schutzhüllen

Apples Lösung für das Antennenproblem ist die kostenlose Verteilung von Kunstoff-Schutzhüllen. Diese decken die Antennen ab, weshalb die Haut des Benutzers sie nicht mehr versehentlich überbrücken kann. Zahlreiche Tests haben nachgewiesen, dass das Problem existiert und es auf eine kleine Verbindungsstellen zwischen zwei der Antennenteile eingrenzen können. Berührt man sie, bricht der Empfang deutlich ein und Gespräche können unterbrochen werden. Apples erste Reaktion auf die Probleme war: "Vermeiden Sie, das Gerät auf diese Weise zu halten." PR-Experten hatten Apple empfohlen, das iPhone 4 zurückzurufen.

Nokia: Handys halten wie man will

Nokia reagierte ebenfalls recht deutlich auf Apples Pressekonferenz. Das Unternehmen würde Tausende Stunden in die Entwicklung von Handy-Antennen investieren. Die Empfangsleistung sei für Nokia wichtiger als das Aussehen eines Geräts, schreibt das Unternehmen in einer Aussendung. Man habe menschliches Verhalten ausgiebig studiert, um sicher zu stellen, dass Nokia-Handys immer Empfang haben, egal wie man sie in der Hand hält. Steve Jobs hatte während der Pressekonferenz behauptet, Nokia-Geräte würden mit Aufklebern verschickt, auf denen "Nicht hier berühren" steht. DiePresse.com hat bereits einige Nokia-Geräte getestet und keinen dieser Sticker je entdecken können.

16.000 Beschwerden über iPhone 4

Apple hatte als positives Beispiel für das iPhone 4 angemerkt, dass sich lediglich 16.000 Kunden, also 0,55 Prozent der drei Millionen Käufer, über das neue Smartphone beschwert hätten. Da Jobs in seiner Präsentation auch das HTC-Modell Droid Eris als Beispiel für Empfangsprobleme vorzeigte, hat HTC-Manager Eric Lin gegenüber dem britischen Dienst Pocket-lint erklärt, die Beschwerdequote des Eris läge bei 0,016 Prozent. Das Android-Handy Eris ist seit über einem Jahr auf dem Markt, Apples iPhone 4 lediglich seit drei Wochen.

Software-Update nur kosmetisch

Dass die Empfangsqualität leidet, wenn man ein Handy komplett umfasst, bestreitet keiner der Hersteller. Sie verwehren sich aber gegen die Aussage, ihre Geräte hätten ebenso Designfehler, wie das iPhone 4 von Apple. Die Tatsache, dass sich die Antennen-Teile sogar nur mit einer kleinen Fingerberührung überbrücken lassen, ist Beweis dafür, dass es sich eindeutig um einen Hardware-Fehler handelt. Apple hatte ursprünglich Hoffnungen gemacht, man könnte die Probleme eventuell mit einem Software-Update beheben. Allerdings ändert die neue Version iOS 4.0.1 lediglich die Anzeige der Signalstärke und hat keine weiteren Auswirkungen.

Gute Testberichte

Unabhängig von dem spezifischen Problem hat das iPhone 4 auch großes Lob geerntet. Tester zeigten sich von dem neuen, hoch auflösenden Display angetan, ebenfalls wurden die verbesserte Kamera und die gesteigerte Akkuleistung gelobt. Auch das renommierte Verbraucherschutzmagazin Consumer Reports gab dem Gerät Bestnoten, allerdings kann es aufgrund des Designfehlers keine Empfehlung für das Apple-Handy aussprechen.. Im Alltag dürfte das iPhone 4 trotz des Antennenproblems gut funktionieren. Zumindest berichten einige Tester, sie hätten in Großstädten weniger abgebrochene Telefonate als mit den Vorgängermodellen. Allerdings stammen all diese Berichte aus den USA, wo die Netzqualität des Exklusivanbieters AT&T als inadäquat gilt.

(db)

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