Grenzzaun

"Nervenkrieg" zwischen Griechenland und Türkei

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Athen will Befestigung auf 208 Kilometer erweitern. Ankaraverstärkt Militäreinsätze. Es wird neuerlicher Ansturm von Migrantenbefürchtet.

Die bilateralen Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei nehmen zu. Aktuell sorgt vor allem ein Projekt für Unruhe: Athen will einen Grenzzaun entlang des Flusses Evros (türkisch Meric) weiter ausbauen. Ankara reagiert nervös und hat die Militäreinsätze entlang der Grenze verstärkt. Griechische Medien sprechen bereits von einem "Nervenkrieg".

Im nördlichen Teil des Evros-Gebiets gibt es bereits einen zwölf Kilometer langen Zaun, weitere 26 Kilometer befinden sich im Bau. Laut Medien soll die Grenze künftig auf 208 Kilometern Länge derartig befestigt werden.

Der griechische Außenminister Nikos Dendias begründete die Maßnahmen mit Äußerungen türkischer Regierungsmitglieder, wonach in Zukunft tausende Migranten wieder versuchen könnten, dort die Grenze zu überwinden, um in die Europäische Union zu gelangen. Im Februar hatten viele Migranten im Evros-Gebiet ausgeharrt, nachdem die türkische Regierung die Grenze einseitig für offen erklärt hatte. Nun befürchtet Athen, dass Ankara in nächster Zeit ähnliche Aktionen setzen und es zu einem neuerlichen Ansturm von Migranten kommen könnte.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan warf der EU damals vor, die versprochenen sechs Milliarden Euro für die Versorgung der 3,6 Millionen in der Türkei lebenden Flüchtlinge aus Syrien nicht zu bezahlen. Die EU hielt dem entgegen, die Türkei nutze die Not von Migranten aus und schickte zusätzliche Beamte der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex.

Mischt der Geheimdienst mit?

Griechische Medien berichten, dass der türkische Geheimdienst und das türkische Militär im Grenzbereich in Alarmbereitschaft seien. Türkische Einheiten würden wiederholt versuchen, die Reaktionen der griechischen Grenzsoldaten zu checken und auszutesten. Sie bringen demnach angeblich als Flüchtlinge getarnte Personen zum Einsatz, die entweder mit Drahtscheren den Stacheldrahtverhau entfernen oder den Grenzzaun zu überwinden versuchen. Es wird vermutet, dass die türkische Seite damit die Bewegungen der griechischen Soldaten beobachten und ihre Einsatzbereitschaft testen will. In griechischen Medien macht bereits das Schlagwort "Nervenkrieg" die Runde.

Griechenland kooperiert in der Region mit der EU-Grenzagentur Frontex. Es gibt gemeinsame Patrouillen vom Frontex-Einheiten und griechischen Soldaten im Evros-Gebiet. Die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis (Nea Dimokratia/ND) verteidigt das Grenzzaunprojekt. "Wir unternehmen alles Nötige, um unsere Grenze sowie die Hoheitsrechte auf See sowie auch auf dem Festland zu wahren", erklärte Regierungssprecher Stelios Petsas.

Griechische Offiziere des Militärgeneralstabs betonen, das es im kommende Sommer im betroffenen Gebiet durchaus "unruhig" zugehen könnte. "Unser Land muss sein Territorium mit allen verfügbaren Mitteln verteidigen", so die ranghohen Offiziere in einer Stellungnahme.

Offenbar war die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in den vergangenen Wochen bemüht, mehr über das griechische Grenzzaunprojekt zu erfahren. Athen lehnte eine Einsicht in die Pläne aber ab, da sich dieser eindeutig auf griechischem Territorium befinde. Die Grenzziehung an sich sei jedoch nicht infrage gestellt worden, betonte Außenminister Nikos Dendias.

(APA)

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