Eine Wiener Schönheitsklinik bekommt seit 2018 rund eine Million Euro aus einem staatlichen Fonds. Neben der Justiz will auch Anschober prüfen.
Bekommt eine Privatklinik Millionen Euro mehr, weil Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache für Gegenleistungen ein Gesetz zugunsten des Betreibers ändern ließ? Dieser Frage widmet sich neben der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nun auch der grüne Gesundheitsminister, Rudolf Anschober, der die Causa aufrollen will.
„Wir werden die Angelegenheit prüfen, auch im Licht der weiteren Erkenntnisse durch die Arbeit im Untersuchungsausschuss“, heißt es aus Anschobers Büro gegenüber der „Presse“. Der Sachverhalt: Der sogenannte „Prikraf“ (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, Anm.) wurde im Jahr 2002 unter Schwarz-Blau eingerichtet und wird von den Sozialversicherungen finanziert. Er soll als Kostenersatz für jene dienen, die im Notfall in Privatspitälern behandelt werden. All jene Privatkrankenanstalten, die Geld aus dem Fonds bekommen, sind namentlich im Gesetz genannt.
»"Welches Gesetz brauchst du?"«
Im Jahr 2017 war der Fonds mit 121,5 Millionen Euro dotiert. Nach dem Regierungswechsel von Rot-Schwarz auf Türkis-Blau und einer Gesetzesänderung später wurde der Fonds im Jahr 2019 auf 146 Millionen Euro aufgestockt. Warum? Unter anderem, weil eine Privatklinik mehr Geld aus dem Fonds bekommt. Nämlich die Privatklinik Währing, in der hauptsächlich Schönheitsoperationen stattfinden. Stararzt Artur Worseg, ein Freund von Heinz-Christian Strache, ordiniert dort. Auch der Betreiber der Klinik, Walter Grubmüller, ist ein alter Bekannter Straches. Grubmüller kämpfte viele Jahre für die Aufnahme in die Liste der Begünstigten des Fonds. Erfolglos – bis sein Freund Heinz-Christian Strache in den Koalitionsverhandlungen saß per Whatsapp-Nachricht nachfragt: „Welches Gesetz brauchst du?“
Grubmüller liefert die Wünsche ab – und 2018 wurde die Gesetzesänderung dann beschlossen. Die WKStA prüft, ob eine Parteispende im selben Jahr sowie angebotene Urlaube und Flüge mit Privatjets als Gegenleistung gesehen werden können. Strache dementiert.
„Zulasten der Krankenkassen“
Schon 2018 protestiert etwa die Arbeiterkammer in ihrer Stellungnahme, weil die Aufstockung die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) rund 15 Millionen Euro mehr im Jahr 2019 kosten würde – der Fonds wurde aus Beitragszahlungen aufgestockt.
Auch die Stellungnahme des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger war äußerst kritisch. Man spricht aufgrund der Erhöhung von „einer starken Bevorzugung von Privatkrankenanstalten und einer 15-prozentigen Steigerung der Honorare. „Diese Mittelerhöhung geht zu Lasten der öffentlichen Krankenkassen.“ Dass eine Schönheitsklinik mit zusätzlichen Betten aufgenommen werde, widerspreche außerdem dem Zielsteuerungsvertrag mit Bund, Ländern und Gemeinden. Demnach gebe es in Österreich eher zu viele als zu wenige Betten. Und: „Die Privatklinik Währing kann je nach Art der Leistungen die sie in Zukunft erbringt, einen Betrag von weit mehr als einer Million Euro lukrieren.“
Keine Vorhaben von Türkis-Grün
Wie viel die Klinik bisher erhalten hat, ist noch nicht klar. In einer aktuellen Beantwortung einer Anfrage des SPÖ-Gesundheitssprechers, Philip Kucher, zu dem Thema schreibt Anschober: „Seit 2018 wurde in den Prikraf nur eine Krankenanstalt, nämlich die Privatklinik Währing aufgenommen. Da der Jahresbericht 2019 des Prikraf noch nicht vorliegt, sind derzeit weder der Finanzierungsanteil der genannten Krankenanstalt noch die erbrachten Leistungen bekannt.“
In einer schriftlichen Stellungnahme nennt die Privatklinik Währing gegenüber der „Presse“ Zahlen: „Rückwirkend wurden bis dato 24.899 Euro an die PK Währing überwiesen, davon wurden bis dato 21.756 Euro an die Patienten rücküberwiesen", heißt es dort. Und weiter: „Die PK Währing erzielt keinerlei finanziellen Vorteil aus dem Prikraf - dieser kommt ausschließlich den Patienten zugute.“
Den Grünen war die Aufnahme der Klinik 2018 jedenfalls ein Dorn im Auge. In einer Stellungnahme der Grünen-Bundesräte steht: „Die pauschale Abgeltung via Prikaf hingegen macht es für dem Prikraf zugehörige Spitaler attraktiv, insbesondere Leistungen zu erbringen, die nicht von Leistungskatalogen der Sozialversicherung erfasst sind, aber besonders hohe Einnahmen ermöglichen.“ Schönheitsoperationen zum Beispiel. Die Erhöhung des Beitrags aus der Gesundheitskasse zum Prikraf verbessere somit nicht die Versorgungslage der Bevölkerung, sondern verschlechtere sie sogar tendenziell, schreiben sie.
Spontan etwas ändern will Anschober auf „Presse“-Anfrage am Prikraf aber nicht. Dazu sei es noch zu früh, sagt er. Und generell leiste der Prikraf einen wichtigen Beitrag zur Versorgung im österreichischen Gesundheitssystem. Einer spontanen Änderung würde der Koalitionspartner ÖVP wohl auch eher nicht zustimmen – immerhin trug dieser die Gesetzesänderung 2018 mit. Und im Regierungsabkommen mit den Grünen finden sich zu diesem Thema eigentlich auch keine Vorhaben.