Law and Order

Trump kündigt militärisches Vorgehen gegen Anti-Rassismus-Proteste an

Soldaten der Nationalgarde marschieren während der Proteste in Los Angeles auf.
Soldaten der Nationalgarde marschieren während der Proteste in Los Angeles auf.AFP/FREDERIC J. BROWN
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Der US-Präsident bezeichnet die Ausschreitungen als „Akte von inländischem Terror“. In einem Vorort von Chicago starben bei Protesten zwei Menschen.

US-Präsident Donald Trump hat angesichts der Ausschreitungen bei den Anti-Rassismus-Protesten ein hartes Vorgehen gegen Randalierer angekündigt und den Einsatz der Armee angedroht. In einer Rede im Rosengarten des Weißen Hauses bezeichnete Trump die Ausschreitungen am Montag als "Akte von inländischem Terror".

Sollten die betroffenen Städte und Bundesstaaten nicht die notwendigen Maßnahmen ergreifen, werde er Soldaten entsenden und damit "das Problem schnell für sie lösen". Er berief sich dabei auf ein altes Gesetz aus dem Jahr 1807, den sogenannten "Insurrection Act". Dieser wurde in der Geschichte der USA schon mehrfach von Präsidenten angewendet - allerdings zumeist im Auftrag von Gouverneuren und lokalen Behörden. Gegen deren Willen hat der Präsident laut vorherrschender Rechtsmeinung nicht die Befugnis, Bundestruppen auf amerikanischem Boden in einen Einsatz gegen US-Bürger zu schicken.

Trump hat demokratische Gouverneure und Bürgermeister mehrfach aufgefordert, härter gegen Randalierer durchzugreifen, und ihnen Schwäche vorgeworfen. Am Montagabend forderte der Republikaner Gouverneure erneut dazu auf, ausreichend Kräfte der Nationalgarde einzusetzen, um die Straßen wieder unter Kontrolle zu bringen.

Demokratische Gouverneure wiesen Trumps Vorstoß empört zurück. Der Gouverneur des Bundesstaats Illinois, J. B. Pritzker, sagte dem Sender CNN, der Präsident habe keine rechtliche Grundlage, um das US-Militär in Bundesstaaten zu entsenden. Seine Kollegin Gretchen Whitmer, Gouverneurin des Bundesstaats Michigan, sagte, Trump könne das Militär nicht ohne ihre Zustimmung einsetzen. Whitmer nannte Trumps Aussagen "gefährlich und erschütternd".

Für die Hauptstadt Washington - dieses Recht hat der Präsident - kündigte Trump den Einsatz von "tausenden schwer bewaffneten" Soldaten und Polizisten an, um "Randale, Plünderungen, Vandalismus, Angriffe und die mutwillige Zerstörung von Besitz zu stoppen". Trump bezeichnete die Gewaltausbrüche bei den Protesten in Washington als "totale Schande".

„Präsident von Recht und Ordnung"

Den Organisatoren des "Terrors" würden harte Gefängnisstrafen drohen. Erneut machte der Präsident Antifa-Aktivisten für die Ausschreitungen mitverantwortlich. Sich selbst bezeichnete er als "Präsidenten von Recht und Ordnung". Kritiker haben Trump vorgeworfen, die Spannungen in den vergangenen Tagen mit seinen Äußerungen zusätzlich angeheizt zu haben, anstelle sich für Versöhnung und eine Beruhigung der Lage einzusetzen.

Zu den Ausschreitungen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz war es zuletzt auch in unmittelbarer Nähe des Weißen Hauses gekommen. Am Montagabend gingen die Sicherheitskräfte erneut mit Tränengas gegen Demonstranten vor, die sich nahe von Trumps Amtssitz versammelt hatten.

Empörung über Bibelfoto

Der Präsident spazierte unmittelbar nach seiner Ansprache zu einer Kirche nahe des Weißen Hauses, die bei den Protesten am Vorabend beschädigt worden war. Dort hielt er für ein Foto eine Bibel in die Höhe. Die Polizeiaktion gab Trump und seinem Gefolge - unter anderem Justizminister William Barr und seine Sprecherin Kayleigh McEnany - sicheres Geleit für den Fußmarsch zur Kirche.

"Ich bin empört", sagte Bischöfin Mariann Edgar Budde von der Diözese Washington, dem Sender CNN. Trumps Botschaft stünde im Gegensatz zu kirchlichen Lehren, sagte sie. Auch der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, kritisierte die Anwendung von Gewalt, um Trump den Weg für eine Foto-Möglichkeit frei zu machen: "Es war wirklich, wirklich beschämend." Politische Kommentatoren bezeichneten die Szene als Wahlkampf-Auftritt und "Show Act".

Donald Trump wird vorgeworfen, die Spannungen noch zusätzlich anzuheizen.
Donald Trump wird vorgeworfen, die Spannungen noch zusätzlich anzuheizen. (c) REUTERS (TOM BRENNER)

In New York - der größten Stadt in den USA - wurde nach erneuten teils gewaltsamen Protesten eine nächtliche Ausgangssperre ab 23 Uhr verhängt. Im Stadtteil Brooklyn marschierten nach Angaben eines CNN-Reporters, der die Demonstranten begleitete, Tausende Menschen auch nach der Ausgangssperre. Im New Yorker Stadtteil Manhattan kam es erneut zu Plünderungen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio erließ eine Ausgangssperre auch für die Nacht zum Mittwoch.

Tote in Vorort von Chicago

In Cicero, einem Vorort von Chicago, sind bei den Protesten laut Medienberichten zwei Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 60 Personen wurden festgenommen, wie die Fernsehsender NBC und CBS unter Berufung auf örtliche Behörden-Angaben berichteten. In der Stadt soll es zu Plünderungen gekommen sein, darunter auch in einem Spirituosengeschäft.

In St. Louis im US-Bundesstaat Missouri wurden bei Protesten nach Polizei-Angaben vier Beamte von Schüssen getroffen. Die Polizisten wurden in Krankenhäuser gebracht. Die Verletzungen seien ersten Angaben zufolge aber nicht lebensbedrohlich. Wer die Schüsse abgegeben hatte, war zunächst nicht bekannt.

Tod von George Floyd als Auslöser

George Floyd war am Montag vergangener Woche in der Großstadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota getötet worden. Der weiße Polizist Derek Chauvin hatte fast neun Minuten lang sein Knie auf den Nacken des 46-Jährigen gedrückt, obwohl Floyd wiederholt beklagte, er bekomme keine Luft mehr. Die Beamten hatten den Afroamerikaner festgenommen, weil er Zigaretten mit Falschgeld bezahlt haben soll.

Ein Video des Vorfalls löste landesweit Entsetzen und Empörung aus. Am Rande von Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze kam es wiederholt zu schweren Ausschreitungen.

Die offizielle Autopsie bestätigte, dass Floyd durch die von der Polizei angewendete Gewalt getötet worden war. Todesursache sei ein Herz-Kreislauf-Stillstand infolge von "Druck auf den Nacken" während eines Polizeieinsatzes, heißt es in dem eine Woche nach dem Vorfall veröffentlichten Autopsiebericht. Als Todesart wird darin "homicide" angegeben, was mit "Totschlag" oder "Tötungsdelikt" übersetzt werden kann. Zugleich wird in dem Autopsiebericht aber betont, dass es sich dabei nicht um eine rechtliche Einordnung von "Schuld oder Absicht" handle. Die Entscheidung darüber obliege der Justiz, nicht den Gerichtsmedizinern.

Trump ging in seiner Ansprache nur kurz auf Floyds Tod ein und versprach "Gerechtigkeit". Der Polizist Chauvin war in der vergangenen Woche festgenommen und offiziell des Totschlags beschuldigt worden. Floyds Familie verlangt jedoch eine Anklage wegen Mordes. Drei weitere an dem Einsatz gegen Floyd beteiligte Polizisten wurden zwar wie Chauvin entlassen, befinden sich aber weiterhin auf freiem Fuß.

(APA/dpa/AFP)

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