Die Grenzen zu den Nachbarländern - außer Italien - sind wieder offen. Dennoch wollen viele im Sommer in Österreich bleiben. Viele kritisieren aber auch, dass hinter der Grenzpolitik wirtschaftliche Interessen stecken. Diskutieren Sie mit: Sind Sie zufrieden mit der Lösung?
Österreich stellt nach rund drei Monaten Corona-Beschränkungen wieder vollständige Reisefreiheit zu seinen Nachbarländern her - mit einer Ausnahme: Italien. Dafür rückt ein anderes beliebtes Sommer-Reiseziel in greifbare Nähe: Bald könnte auch ein Kroatien-Urlaub ohne Probleme möglich sein.
Doch die Grenzöffnungen sind bei der Bekämpfung von Covid-19 die derzeit größte Unbekannte, wie Köksal Baltaci weiß, der eine zweite Welle für recht unwahrscheinlich hält. Er schreibt: „Zehntausende Urlauber aus dem Ausland verkomplizieren das Contact Tracing“ - und würden die Zwei-Wochen-Strategie bei den Lockerungen obsolet machen. „Der Ursprung einer etwaigen raschen Ausbreitung wäre also nicht mehr so leicht zu ermitteln."
Einer ist mit der jetzigen Lösung sicher nicht glücklich: der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Wir können mit Fug und Recht behaupten, nicht weniger sicher als österreichische Bundesländer zu sein“, forderte er vor kurzem im Interview mit Iris Bonavida eine sofortige Öffnung der Brenner-Grenze.
Bonavida meinte dazu in einem Kommentar: „Die Wiederherstellung der Reisefreiheit in Europa scheint nicht mehr eine reine Frage der epidemiologischen Sicherheit zu sein. Sondern hängt zu einem guten Teil davon ab, was wirtschaftlich für den eigenen Staat am besten ist“. Außerdem weist sie darauf hin: Bei der Grenzöffnung geht es um weit mehr als um Urlaub.
Auch EU-Redakteur Michael Laczynski warnt in einem Leitartikel: „Die Versuchung ist groß, durch selektive Grenzöffnungen den ohnehin spärlichen Touristenstrom von den Nachbarn zu lenken und in den eigenen Ferienorten zu stauen.“ Er sieht das „Geschäftsmodell“ der EU ist durch die Seuche in Gefahr.
»Alle Staaten haben den Fehler gemacht, zunächst nur auf sich selbst zu blicken.«
Alexander Van der Bellen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sah die Diskussion über die Grenzöffnungen in einem „Presse"-Interview zu sehr von nationalem Geist getragen: „Alle Staaten haben den Fehler gemacht, zunächst nur auf sich selbst zu blicken.“ Genauso wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betont er gleichzeitig auch, dass er Urlaub in Österreich machen wird.
Der Jurist Gerhard Muzak stellt indes die aktuellen Reisebeschränkungen, insbesondere die Quarantänebestimmungen, rechtlich infrage. „Massive und schmerzhafte Eingriffe in subjektive Rechte des Einzelnen“ seien zwar möglich, müssten aber verhältnismäßig sein und an geänderte faktische Situationen angepasst werden, schreibt er in einem Gastkommentar.
Eines ist klar: Für den Tourismus wird sich jedenfalls viel ändern, auch wenn die Grenzen wieder offen sind, wie Gerhard Hofer hier zusammenfasst.
(sk)
Diskutieren Sie mit: Wie schauen Ihre Pläne für den Sommer? Machen Sie Urlaub in Österreich? Oder können Sie sich sogar eine Flugreise ins Ausland vorstellen? Wann sollte die Brenner-Grenze geöffnet werden? Ist das alles zu früh? Braucht es eine europäische Lösung? Und: Wie wird sich das Reisen verändern?