Großbritannien

Johnson lockt Hongkong und verärgert China

Der britische Premierminister Boris Johnson vor seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street.
Der britische Premierminister Boris Johnson vor seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street.APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
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London bietet den drei Millionen Einwohnern in der ehemaligen Kronkolonie die Staatsbürgerschaft an. Das kommt in China gar nicht gut an.

Die Ankündigung von Premierminister Boris Johnson, London könnte bis zu drei Millionen Einwohnern Hongkongs den Weg zur britischen Staatsbürgerschaft öffnen, hat in Peking erwartungsgemäß erboste Reaktionen ausgelöst. Das wäre eine Einmischung in die Angelegenheiten Hongkongs, die für London „definitiv nach hinten losgehen würde“, erklärte der wegen seiner Forschheit bereits zur Berühmtheit gewordene Außenamtssprecher Zhao Lijian: „Wir raten Großbritannien, vom Abgrund zurückzutreten, die Mentalität des Kalten Krieges und die koloniale Denkweise aufzugeben.“

Johnson hat in einem Gastkommentar für die „Times“ einen vergangene Woche bereits von Innenminister Priti Patel gemachten Vorstoß bekräftigt: Falls Peking der Sonderverwaltungszone tatsächlich ein neues Sicherheitsgesetz aufzwinge, erwäge London, ehemalige Untertanen seiner früheren Kronkolonie einzubürgern. „Viele Bürger Hongkongs befürchten, dass ihre Lebensart, die China gelobt hat aufrechtzuerhalten, bedroht ist“, schrieb Johnson. London werde aber „nicht mit den Achseln zucken und sich aus dem Staub machen, sondern seinen Verpflichtungen nachkommen und diesen besorgten Menschen eine Alternative bieten“.

Schon jetzt besitzen 350.000 Bewohner Hongkongs einen „British National Overseas“-Pass; weitere 2,5 Millionen, die vor dem 1. Juli 1997 geboren sind, könnten die Möglichkeit bekommen ein solches Dokument zu beantragen.

4. Juni-Gedenken untersagt

Carrie Lam, die Regierungschefin Hongkongs, hat bei einem Besuch in Peking ausgeschlossen, dass die chinesische Regierung auf das geplante Sicherheitsgesetz doch noch verzichten werde. Lam und andere Vertreter Hongkongs weisen Kritik an dem Sicherheitsgesetz scharf zurück und behaupten, dass das hohe Mass an Autonomie der Sonderverwaltungszone unter der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ erhalten bleibe.

Doch viele Bewohner der Finanzmetropole befürchten nach den jüngsten Schritten Pekings, dass ihre bisherigen Freiheiten sukzessive beraubt werden. Hongkongs Parlament setzte gestern seine Debatte darüber fordert, die Verunglimpfung der chinesischen Nationalhymne unter Strafe zu stellen. Das jährliche Kerzenlicht-Gedenken an die Opfer des Massakers auf dem Pekinger Tiananmen Platz vom 4. Juni 1989, wurde dieses Jahr verboten, weil sich in Hongkong wegen der Corona-Pandemie nicht mehr als acht Personen versammeln dürfen.

In der Sonderverwaltungszone geht bereits die Furcht um, dass Chinas Kommunisten der Demokratiebewegung in Hongkong genauso brutal den Garaus machen könnten wie der Studentenbewegung vor 31 Jahren. Die Regierung in Taiwan hat die Machthaber in Peking gestern aufgefordert, „die historischen Fakten rund um den 4. Juni neu zu bewerten und sich ernsthaft für das damalige Vorgehen zu entschuldigen“. Die Reaktion von Außenamtssprecher Zhao Lijian: „Die Bemerkungen der Behörden Taiwans sind kompletter Blödsinn.“

(Reuters/Bloomberg)

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