Leitartikel

Österreich hat ein Milizheer – aber keine Milizsoldaten

BUNDESHEER: MEDIENTERMIN MILITAeRKOMMANDO STEIERMARK 'MILIZ IM EINSATZ ZUR GRENZRAUMUeBERWACHUNG'
BUNDESHEER: MEDIENTERMIN MILITAeRKOMMANDO STEIERMARK 'MILIZ IM EINSATZ ZUR GRENZRAUMUeBERWACHUNG'APA/ERWIN SCHERIAU
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Selten klaffen geschriebene Verfassung und Realverfassung so weit auseinander wie im Bereich der Landesverteidigung.

Soldaten an der Grenze, im Post-Verteilzentrum und in den Logistikzentren der Handelskonzerne: Selten war das Bundesheer so präsent wie in Zeiten der Coronakrise. Und erstmals in der Geschichte des Bundesheeres wurde die Miliz einberufen. Welche Schlussfolgerungen aus dieser Krise lassen sich für die Landesverteidigung ziehen?
Erstens: Der unausgesprochene Konsens, dass man das Bundesheer vernachlässigen kann, weil es ohnehin nie zum Einsatz kommen wird, hat sich als falsch herausgestellt. Die Coronakrise hat zumindest eine Ahnung davon vermittelt, dass man das Heer als Sicherheitsinstrument brauchen könnte – und zwar in weit größerem Ausmaß als in den letzten Wochen, in denen die Pandemie letztlich doch noch vergleichsweise harmlos verlaufen ist. Pandemien, Blackouts, Terrorgefahr – und ja, auch militärische Bedrohungen: Das alles kann auch tatsächlich eintreten, wir haben einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen.

Zweitens: Der Einsatz der Miliz war in der Praxis doch nicht so dringend, wie es anfangs schien. Trotzdem ist es jetzt an der Zeit, die grundsätzliche Frage zu klären: Brauchen wir eine Miliz? Und wenn ja, in welcher Form? Selten klaffen geschriebene Verfassung und Realverfassung so sehr auseinander wie in diesem Bereich. Laut Bundesverfassung ist nämlich die Miliz nicht die Reserve, die im Notfall einberufen wird, sondern das Bundesheer ist ein Milizheer. Die Berufssoldaten sind demnach die Friedensorganisation, die das Milizheer serviciert und die Wehrpflichtigen dafür ausbildet. Das Milizheer sollte die Einsätze bestreiten.

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