Serie

„Devils“: Patrick Dempsey als teuflischer Banker

Der einflussreiche Dominic Morgan (Patrick Dempsey, bekannt  aus „Grey's Anatomy“) treibt als Chef einer Investmentbank sein Unwesen. Gattin Nina (Kasia Smutniak) ist fürs private Wohlbefinden zuständig – und hält ihm bis zur Selbstaufopferung den Rücken frei.
Der einflussreiche Dominic Morgan (Patrick Dempsey, bekannt aus „Grey's Anatomy“) treibt als Chef einer Investmentbank sein Unwesen. Gattin Nina (Kasia Smutniak) ist fürs private Wohlbefinden zuständig – und hält ihm bis zur Selbstaufopferung den Rücken frei.(c) Sky Vision
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In „Devils“ wird der Finanzmarkt zum Schauplatz eines Wirtschaftsthrillers – mit Playern, die unter der blank polierten Oberfläche innerlich verrottet sind. Auf Sky.

Hätte er eines, dann müsste Dominic Morgan jeden Tag sein Gewissen am Empfang des schicken Büropalastes abgeben, bevor er als CEO einer Investmentbank mit dem gläsernen Lift in die oberste Etage fährt, um seinen skrupellosen Geschäften nachzugehen. Wir schreiben das Jahr 2011, der Bankrott von Lehman Brothers ist erst wenige Jahre her. Die Weltwirtschaft leckt ihre Wunden. Und der feine Herr Morgan hat kein Problem damit, Banken in den Ruin zu treiben oder den Staatsbankrott von EU-Ländern zu riskieren – ein möglicher Zusammenbruch des Euro inklusive –, wenn es seinen Interessen dient. Er ist nicht bloß ein Finanzhai wie seine vielen Trader, die aus der Anonymität ihrer blau blinkenden Computerwelt mit Käufen und Verkäufen über Schicksale entscheiden. Morgan ist einer der titelgebenden Teufel, weil er korrumpiert, in Versuchung führt und Menschen, denen er zuvor noch in die Augen schaut, bewusst zerstört. „Banking used to be a noble profession“, sagt ein Kollege von der alten Schule. Wenig später stürzt er von der Balustrade.

„McDreamy“ als Finanzjongleur

Patrick Dempsey, dessen Serientod als fescher McDreamy bei „Grey's Anatomy“ die Fans auf die Barrikaden brachte (sie forderten in einer internationalen Unterschriftenaktion seine Rückkehr), ist als Dominic Morgan ein aalglatter Finanzjongleur und alles andere als sympathisch. Überhaupt eine Eigenschaft, die hier niemand vor sich her trägt, auch die Frauen nicht. Das Problem an der Sky-Serie „Devils“, die als Wirtschaftsthriller sehr gut funktioniert, weil sie bis zum finalen Cliffhanger immer spannender wird, ist: Es gibt zu viel glatt polierte Oberfläche – und zu wenig emotionale Tiefe der Figuren. Zwar sind alle innerlich verrottet, aber man kann es nicht riechen – als wären auch die schlechten Charaktere und inneren Verletzungen hinter Glas.

Morgans Mit-, dann Gegenspieler ist der Karrierist Massimo (Alessandro Borghi), der in seiner sterilen Wohnung Whisky schlürft, während ihm die Skyline von London zu Füßen liegt. Auch er ist durchtrieben und undurchsichtig. Er fängt nur an, seine Finger zu reiben, wenn's eng wird. Man sieht: Er denkt. Dass er seiner verschwundenen drogensüchtigen Frau nachtrauert, lässt er sich hingegen nicht anmerken. In diesem Umfeld ist Emotionalität eine Schwäche.

Lars Mikkelsen mit Assange-Attitüde

Massimo kennt den Gegner. Vor jeder Folge hört man ihn über Gott und den Leibhaftigen nachdenken: „Der größte Trick des Teufels ist, uns glauben zu machen, dass er nicht existiert“, sinniert er. Massimo aber kennt ihn längst – nicht nur aus der Firma, auch aus dem Spiegel: „Man kann vor dem Teufel nicht davonrennen – so wie man nicht vor sich selber weglaufen kann.“

Noch ein Pokerface: Laia Costa als mysteriöse Sofia. Sie musste als Kind in Buenos Aires den Suizid ihres Bruders miterleben, weil ihm die Bank sein Geld nicht auszahlen konnte. Nun sinnt sie auf Rache – und hat Morgan im Visier. Auch ihre traurige Geschichte erreicht den Zuschauer nicht dort, wo sie es sollte: im Herzen. Stattdessen wirkt Sofia berechnend. Sie steckt mit Daniel Duval (Lars Mikkelsen spielte u. a. in „Borgen“ und „House of Cards“) unter einer Decke, der einer Organisation vorsteht, die gegen die Mächtigen und den Kapitalismus agitiert – und der mit seiner Aufdecker-Attitüde an Julian Assange erinnert.

Die Story von „Devils“ ist erfunden, der politische und wirtschaftliche Hintergrund real. Daran erinnern geschickt eingeschnittene News-Szenen mit dramatischen Bildern von Protesten (aus Athen) oder beschönigenden Politikerreden (etwa vom Weltwirtschaftsforum). Die Strippenzieher aber bleiben oft im Dunkeln. Das weiß Massimo, der sein Gewissen entdeckt. Aber im Kampf gegen den Teufel wird er sich in Staffel zwei noch etwas anstrengen müssen . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2020)

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