Wien

Hebein schimpft: „Es stinkt nach Wahlkampf“

Grünen-Chefin Birgit Hebein und Bürgermeister Michael Ludwig.
Grünen-Chefin Birgit Hebein und Bürgermeister Michael Ludwig.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Rot-grünen Ärger gibt es über den Gastro-Gutschein der SPÖ.

Wien. Die Harmonie in der rot-grünen Stadtregierung ist gestört. Wieder einmal. Auslöser sind Berichte im „Kurier“, wonach die Grünen ein Prestigeprojekt von Bürgermeister Michael Ludwig blockiert haben sollen. Konkret den für Mitte Juni angekündigten Gastro-Gutschein im Wert von 50 bzw. 25 Euro, der an jeden Wiener Haushalt geht.

Offiziell hat das mit dem SPÖ-Wahlkampf nichts zu tun, sondern mit einer Unterstützung der Wiener Gastronomen, betonte Ludwig bei der Präsentation. Die Grünen sollen Gegenleistungen gefordert und das rote Projekt blockiert haben, um selbst Millionen für eine grüne Wahlkampfaktion genehmigt zu bekommen (angeblich einen Reparaturgutschein für jeden Haushalt). Deshalb soll der Gastronomiegutschein erst einen Monat später als geplant (am 24. Juni) im Gemeinderat beschlossen werden. So weit die Berichte, auf die Grünen-Chefin Birgit Hebein am Donnerstag gereizt reagierte: „Wenn sich irgendein Hinterbänkler jetzt wichtig macht, dann stinkt es nach Wahlkampf. Das interessiert mich nicht“, wies sie den Vorwurf zurück, das Projekt bewusst blockiert zu haben, um ein Gegengeschäft zu bekommen.

Man sei sich in der Stadtregierung einig, ergänzend zum Bund, gemeinsam Initiativen zu ergreifen, um die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig niemanden zu übersehen. „Dass wir über unterschiedliche Wege diskutieren – ich nenne das Demokratie“, so Hebein.

Die Gastro-Gutscheine waren Mitte Mai von Bürgermeister Michael Ludwig, Finanzstadtrat Peter Hanke und Wiens schwarzem Wirtschaftskammer-Präsidenten, Walter Ruck, präsentiert worden – im Beisein des grünen Wirtschaftssprechers, Hans Arsenovic. Dieser soll auf dem Weg zu diesem Schanigarten-Termin erst davon erfahren haben. Arsenovic selbst hatte bestätigt, dass er erst „kurzfristig“ vom Gutschein-Vorhaben des Koalitionspartners erfahren habe. „Aber wir waren immer für den 50-Euro-Gastro-Gutschein.“ Solche Ideen würden aber eine genaue Abstimmung bezüglich der Abwicklung benötigen. „Das ist coronabedingt leider erst nach der Präsentation passiert“, meinte der Grüne. Jetzt sei aber „alles geklärt“. Das Projekt könne am Mittwoch im Finanzausschuss beschlossen werden. Auch im Bürgermeisterbüro wurde der „Presse“ bestätigt, dass die Einführung des Gastro-Gutscheines fix sei.

Klimaschutzzonen kommen

Unabhängig von dieser Diskussion präsentierte Hebein am Donnerstag einen „historischen Schritt“, wie es die Vizebürgermeisterin bezeichnete. Dabei ging es um die nächsten Schritte für klimafreundliche Stadtteile. „Die Klimaschutzgebiete sind eines der größten Klimaschutzvorhaben dieser Stadtregierung“, erklärte dazu Hebein.

Was bedeutet das konkret? Der derzeitige Co2-Anteil von Gebäuden am gesamten Wiener Co2-Ausstoß liegt bei 20 Prozent. „Mit den Klimaschutzgebieten schaffen wir es, dass künftig 80 Prozent der Neubauten klimafreundlich gekühlt und geheizt werden und der Co2-Ausstoß stark zurückgeht.“ Nachsatz: „Es wird dort, in den Klimaschutzgebieten, kein Öl und kein Gas mehr geben“, erklärte Hebein, und zog einen Vergleich zur Coronakrise: „Es ist wichtig, dass wir krisenfest sind und dass wir erkennen, dass rasches, entschlossenes und gemeinsames Handeln Leben retten kann.“ Wobei die grüne Vizebürgermeisterin betonte: Diese Klimaschutzgebiete würden auch das Potenzial für nachhaltige Green Jobs haben. Und dann formulierte Hebein einen Satz, den bereits die frühere Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) bei jeder passenden (und auch unpassenden) Gelegenheit artikuliert hatte: „Wir müssen uns aus der Krise herausinvestieren.“

Anders formuliert: Der geplante Abbau der Wiener Rekordschulden aus der Ära Renate Brauner (knapp sieben Milliarden Euro) dürfte für längere Zeit auf Eis gelegt sein. Wie hoch die finanzielle Belastung durch (notwendige) Wiener Konjunkturpakete ist, ist dabei noch offen. (stu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.