Klimaspiele

Finde den Rauchfang, schieß ein Foto und erober die Stadt

Rauchfänge und Rückkühler können ein Hinweis auf ungenutzte Abwärem sein.
Rauchfänge und Rückkühler können ein Hinweis auf ungenutzte Abwärem sein.Waldemar Brandt / Unsplash
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Viele kleine und mittlere Betriebe erzeugen große Mengen an Wärme, die ungenutzt in die Umgebung entweichen – brauchbareDaten darüber sind jedoch kaum vorhanden. Ein Handyspiel soll die Abwärmequellen nun aufspüren, die Spieler werden mit Gutscheinen belohnt.

Selten verschönern sie das Stadtbild, doch geht es nach dem Energieforscher Ernst Gebetsroither, sollen große Rauchfänge und klobige Rückkühler bald zu einem begehrten Fotomotiv für Spaziergänger werden. Denn die Gebäudeanhängsel zeugen von bisher ungenutzten Energiequellen: „Kleinere Unternehmen wie Bäckereien, Wäschereien oder Rechenzentren produzieren bei ihren Arbeitsprozessen viel Wärme, die in die Umwelt hinausgeblasen wird. Das ist eine Verschwendung, denn oft ließe sich diese noch wirtschaftlich gut verwenden“, so Gebetsroither. Doch es mangelt an Daten, um die Abwärme sinnvoll und nachhaltig zu nutzen – man weiß schlicht nicht, wo sie und wie viel davon anfällt.

Punkte sammeln, Kaffee trinken

Der Forscher arbeitet am Austrian Institute of Technology (AIT) daher an einer Lösung, die auf die „Gamer“ unter den Stadtbewohnern setzt: Mit dem Handyspiel „Hot City“, dessen Entwicklung vom Umweltministerium und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt wurde, sollen sie sich auf die Jagd nach Rauchfängen und Rückkühlern machen, ein Foto davon schießen und es gemeinsam mit der genauen Position hochladen. Zuvor werden die Spieler auf die richtige Art von Motiven trainiert – denn nicht jeder weiß, wie ein Rückkühler aussieht, und nur bestimmte Schornsteine sind für die Wissenschaftler interessant. „Was wir nicht gebrauchen können, sind Bilder von normalen Wohnhäusern“, so Gebetsroither.

Für jedes hochgeladene Bild bekommen die Teilnehmer Punkte, die sie in reale Gutscheine umtauschen können – etwa für ein Getränk bei einem teilnehmenden Kaffeehaus. Außerdem können weitere Punkte gesammelt werden, indem man die Beiträge anderer überprüft oder die meisten Bilder in einem Quadranten der Stadt – bisher ist das Spiel für Wien und Graz geplant – hochlädt und damit diesen Stadtteil erobert. „Das psychologisch Spannende ist, dass die Benutzer nicht wissen, wie viele Objekte es in einem Quadranten gibt. Ein einmal eroberter Stadtteil kann also jederzeit wieder zurückerobert werden“, sagt Gebetsroither.

Die in dem Spiel erzeugten Daten werden durch eine eigens entwickelte Blockchain-Technologie gesichert und anonymisiert, betont der Forscher, was auch für das Gutscheinsystem hilfreich ist – durch die Blockchain können sie nur einmal eingelöst werden. Validierte Informationen über potenzielle Abwärmequellen sollen dann über eine öffentliche Plattform zugänglich gemacht werden, Bauträger oder Energieraumplaner könnten damit die vor Ort anfallende Abwärme für die Energieversorgung neuer Häuser einplanen.

Derzeit wird das Konzept des Spiels noch getestet, doch Gebetsroither denkt bereits weiter: Anstelle der Abwärme könnte man mit demselben Prinzip auch andere klimarelevante Datensätze mithilfe der Stadtbewohner generieren, etwa zum Sanierungszustand von Häusern oder der Häufigkeit von Hitzeinseln. Gleichzeitig ließe sich mit dieser Art des „Edutainment“ auch die Bevölkerung für die Thematik sensibilisieren, ist sich der Forscher sicher. Damit das klappt, müsse das Spiel, das für die Betriebssysteme Android und iOS geplant ist, aber vor allem eines: Spaß machen.

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