EU möchte Schweiz enger an sich binden

(c) EPA (Olivier Hoslet)
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Von Seite der Europäischen Union steigt der Druck, die Beziehung auf eine neue Ebene zu stellen. Die EU will die 120 bilateralen Abkommen mit der Schweiz „einfacher verwaltbar“ machen, wie es in Brüssel heißt.

Brüssel (SDA, red.). Das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU ist wie eine wilde Ehe: Jeder darf zwar theoretisch tun, was er möchte, praktisch sind aber beide aufeinander angewiesen. Nun steigt vor allem von EU-Seite der Druck, die Beziehung auf eine neue qualitative Ebene zu stellen. Bei einem Gespräch mit der Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard drängten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Montag in Brüssel auf eine effizientere Partnerschaft. Schon im Vorfeld wurde deutlich, wohin der Weg gehen soll: Die EU will die derzeit 120 bilateralen Abkommen mit der Schweiz „einfacher verwaltbar“ machen, wie es in Brüssel heißt. Zu diesem Zweck soll Bern EU-Recht in einigen Bereichen automatisch übernehmen.

Derzeit seien viele Abkommen zu statisch und ließen sich nur schwerfällig an das sich ständig verändernde EU-Recht anpassen, hieß es aus Kreisen der EU-Delegation. Für die Schweiz ist es umgekehrt schwer vorstellbar, EU-Recht ohne ausreichend Chance zur Beeinflussung automatisch zu übernehmen. In einigen Fragen wie etwa bei der Steuer- und Bankenpolitik gibt es konträre Ansichten, die eine gemeinsame Linie ausschließen.

Die EU-Spitze drängt die Schweiz dennoch zu einem „Beitritt light“ zumindest zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Rückendeckung bekommt sie dabei vom liberalen Thinktank „Avenir Suisse“, der dem bilateralen Weg in einer jüngst veröffentlichten Analyse keine Zukunft gibt. Geht es um die nationale Selbstbestimmung und den politischen Gestaltungsspielraum, so müsste die Schweiz den Beitritt zum EWR überdenken und den Beitritt zur EU prüfen.

Die Schweizer Bevölkerung hatte 1992 in einem Referendum mit 50,3 Prozent Nein-Stimmen einen Beitritt zum EWR abgelehnt. Der im selben Jahr gestellte EU-Beitrittsantrag wurde daraufhin ruhend gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2010)

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