Sommerauktion

Die Kunst der Wiederholung

Das teuerste Werk der Sommerauktion stammt von Koloman Moser: „Feldeinsamkeit“ könnte einen neuen Rekord erzielen.
Das teuerste Werk der Sommerauktion stammt von Koloman Moser: „Feldeinsamkeit“ könnte einen neuen Rekord erzielen.(c) Auktionshaus im Kinsky
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Das Auktionshaus im Kinsky packt Ende Juni sämtliche Sparten in eine große Liveauktion. Das Angebot bietet einige Höhepunkte.

Nach dem durch Corona bedingten Lockdown kommen nun auch in Österreich die Liveauktionen wieder in Schwung. Während Platzhirsch Dorotheum seine beiden großen Auktionswochen, die Classic Week und die Contemporary Week, zu zwei separaten Terminen abhält, setzt Konkurrent im Kinsky auf eine geballte Sommerauktion. So werden vom 23. bis 25. Juni Alte Meister, Gemälde des 19. Jahrhunderts, Antiquitäten, Jugendstil, Design, Klassische Moderne und Zeitgenössische Kunst innerhalb von ein paar Tagen versteigert. Der Vorteil ist, dass das Haus die Einbringungsfrist bis Mitte Mai verlängern konnte.

Meister oder Schüler. Die meisten Bilder der Alten Meister sind in Gemeinschaftsarbeiten von Werkstätten entstanden. Je nachdem wie viel Hand der Meister selbst daran gelegt hat, werden diese Werke direkt den Meistern zugeschrieben, seinen Schülern oder seinem Umkreis. So wurden damals von gewissen Motiven zig Versionen, teils mit Abweichungen, hergestellt. Ein gutes Beispiel ist die Rialtobrücke, die bereits im 18. Jahrhundert eine der großen Sehenswürdigkeiten Venedigs war. Antonio Canal, genannt Canaletto, schuf mehrere Ansichten des Canal Grande von Süden und gilt daher als Entwerfer des Prototyps dieser Komposition, die auch Antonio Visentini in seinem Stichband berühmter Venedig-Ansichten im Jahr 1742 veröffentlichte. Das Auktionshaus im Kinsky hat unter den Toplosen der Altmeisterauktion so eine Komposition, die eine große Übereinstimmung mit einem von Canaletto signierten und auf 1744 datierten Werk der Rialtobrücke hat. Einige Details weichen jedoch vom Original ab. Sowohl aus Canalettos Werkstatt, als auch von dessen Neffen Bernardo Bellotto, sowie von deren jeweiligen Schülern und Nachfolgern sind zahlreiche Versionen der Komposition bekannt. Beim Preis schlägt der riesige Unterschied voll durch. Während das vorliegende Werk aus dem Umkreis Canalettos mit einem Schätzpreis von 25.000 bis 50.000 Euro bewertet ist, wurde etwa für dasselbe Motiv von Canaletto selbst schon 1996 bei Christie's ein Zuschlag von 1,8 Millionen Dollar erzielt.

Beauftragte Kopien. Apropos Schüler und Kopie: Auch im Segment Kunst des 19. Jahrhunderts hat das Kinsky ein Beispiel zum Einfluss eines Meisters auf die jüngere Künstlergeneration. In dem Fall betrifft es ein Werk von Albin Egger-Lienz. Einer der wichtigsten Künstler, der Einfluss auf den jungen Egger ausübte, war sein Tiroler Landsmann Franz von Defregger. Es entwickelte sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden. Um sich fortzubilden, aber auch um seine finanzielle Lage aufzubessern, kopierte der Student Egger ab 1888 in der Alten Pinakothek holländische und flämische Meister des 17. Jahrhunderts. Die hohe Qualität brachte ihm zahlreiche Aufträge ein, oft auch auf Vermittlung von Defregger. Darüber hinaus bestellte Defregger auch Repliken seiner eigenen Bilder vom jungen Kollegen. So entstand auch die Kopie des monumentalen Defregger-Werks „Andreas Hofer“, das gleichzeitig den Beginn der Auseinandersetzung mit dem für Egger-Lienz später wichtigen Thema des Tiroler Freiheitskampfes markiert. Das Gemälde nach Defregger aus dem Jahr 1894 wird nun im Kinsky mit einem Schätzpreis von 100.000 bis 150.000 Euro aufgerufen.

Übrigens ist Egger-Lienz auch im Segment Klassische Moderne mit einem Werk vertreten: „Sämann“, ein Thema mit dem sich der Künstler vielfach beschäftigt hat. So gehört es neben dem „Totentanz“ zu seinen wichtigsten Motiven, die er in vielen Varianten entwickelte. Sein früher Sämann datiert ins Jahr 1903. In seiner mittleren Phase interpretierte er es mit dem Sujet „Sämann und Teufel“ 1908 neu. An dieses Werk schließt auch das Aquarell an, das im Kinsky zur Versteigerung gelangt. Es hat eine Schätzung von 100.000 bis 200.000 Euro.

Das am höchsten bewertete Werk der Klassischen Moderne kommt von Koloman Moser. „Feldeinsamkeit (Knabenakt in Wolken)“ wurde Anfang 1916 in der Berliner Secession am Kurfürstendamm in der „Wiener Kunstschau“ ausgestellt. Franz Servaes fand in seiner Besprechung in der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ lobende Worte für die dort von Koloman Moser ausgestellten Gemälde und bildete „Feldeinsamkeit“ ganzseitig in der Zeitschrift ab. Für dieses Gemälde erwarten die Experten 250.000 bis 500.000 Euro. Damit trauen sie dem Werk sogar einen neuen Rekordpreis für ein Gemälde des Künstlers zu. Der bisher höchste Zuschlag für ein Bild Koloman Mosers liegt bei 480.000 Euro, erzielt 2017 für „Schwertlilien“, ebenfalls im Kinsky.

Neben „Feldeinsamkeit“ gehört noch Alfons Waldes Leinwand „Begegnung“ zu den Toplosen des Segments. Auch Walde hat sich der Wiederholung von Themen und Motiven bedient. So hat er auch die Milieuschilderung „Begegnung“ wiederholt aufgegriffen. Dabei werden drei Hauptfiguren vor oder nach dem Kirchgang auf dem mit Schnee bedeckten Dorfplatz dargestellt. Die Schätzung beläuft sich auf 100.000 bis 200.000 Euro.

Hundertwasser. Bei den Zeitgenossen gehört ein Werk von Friedensreich Hundertwasser zu den Höhepunkten der Auktion. Das Aquarell „Les Fenêtres d'un Fludoïd“ aus dem Jahr 1957 war unter anderem 1958 auf der Biennale in Bordeaux und 1975 im Musée d'Art Moderne de la Ville de Paris ausgestellt. Es soll 150.000 bis 250.000 Euro einbringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2020)

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