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Was ist eigentlich ein widerwärtiges Luder?

KRITIK AN GEISLER WEGEN 'LUDER'-SAGER HÄLT AN
KRITIK AN GEISLER WEGEN 'LUDER'-SAGER HÄLT ANAPA/YOUTUBE/SCREENSHOT/WWF
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Wie aus einer Lockspeise aus der Jägersprache ein derbes Schimpfwort für Frauen wurde.

Ludeln ist tatsächlich ein Eintrag im „Österreichischen Wörterbuch“. Auf das kindersprachliche Wort für Urinieren stößt man, wenn man nach Luder sucht, denn das ist der Eintrag genau darunter. Und dieses Wort ist ja zuletzt auch in der politischen Kommunikation (und auch in mancher Betrachtung in dieser Zeitung) zum Einsatz gekommen. Aber mit derlei oberflächlichen Betrachtungen, ob man jemanden ein „widerwärtiges Luder“ nennen darf (Nein!), wollen wir uns gar nicht lang aufhalten. Gehen wir lieber der Frage nach, was hinter dem Begriff eigentlich steckt. Das Luder war, wenn man in Grimms „Deutschem Wörterbuch“ nachschlägt, zunächst männlich.

Der Luoder stand im Mittelhochdeutschen für Beute, genauer für ein Stück, das Falkner dem Tier als Beute hinhielten – quasi als Lockspeise. Der Begriff wurde von den Jägern aufgenommen, die mit dem Luder wilde Tiere anlockten, die sie dann fangen oder schießen konnten. Auch verendetes Vieh wurde als Luder bezeichnet. Doch bleiben wir beim Lockmittel, denn hier kam es zum Übergang, dass auch Menschen damit gelockt werden können. Und wer, wenn nicht der Teufel, lockt den Menschen? Also wurde Luder schließlich auch zum Ausdruck „sündlichen Wohllebens“. Was halt alles in die Hölle lockt.

Von dort war es nur noch ein kleiner Schritt zur geschlechtlichen Verführung – die weibliche, natürlich. Und aus dem Begriff für eine Lockspeise wurde so ein (grammatisch nicht mehr männliches) derbes Schimpfwort für Frauen. Das übrigens nicht besser wird, wenn man es mit einem Ton der Anerkennung ausspricht. „So ein Luder“, sei es nun ein liederliches oder gar ein widerwärtiges, ist jedenfalls denkbar ungeeignet als auch nur annähernd wertschätzende Beschreibung eines Menschen. Können wir uns darauf einigen? Danke! So, und damit ausgeludelt für heute.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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