Digitale Modewoche

Wenn Chanel nicht auf Capri, sondern vor den Bildschirm entführt

Chanel
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Wegen der Coronakrise hielt das französische Modehaus zum ersten Mal keine Catwalk-Show ab und präsentierte die Croisière-Kollektion mit einem Kurzfilm. Ein Blick auf die digitale Präsentation als Benchmark für die Modeindustire.

Spannend wird es immer vor der Präsentation einer Chanel-Kollektion, das war auch diesmal nicht anders. Im Normalfall aber sind die eingeladenen Journalisten, Einkäufer und Stars, die einen der begehrten Plätze im Pariser Grand Palais oder in einer anderen Location ergattert haben, voll freudiger Erwartung und fragen sich, wie sich die neue Kollektion mit Musik, Models und vor allem beeindruckenden Kulissen in ihr Gedächtnis einprägen wird. Die Croisière-Kollektion, das wusste man bereits, hätte etwa 2020 auf Capri gezeigt werden sollen: Eine perfekte Location für diese sommerlich leichte Mode.

Die Covid-19-Pandemie hat dem aber einen Riegel vorgeschoben: Anders kreativ werden, hieß es deshalb. Seit Monaten diskutieren Brancheninsider nun schon darüber, wie es mit der Mode weitergeht. Ob der Krise auch eine Chance - etwa im Sinne größerer Nachhaltigkeit - innewohnt. Mit Chanel macht nun ein großes Modehaus den Anfang und zeigt, wie die Darbietung einer neuen Kollektion digital gedacht werden kann. Spannend war dieser Schritt vor allem für Mode-Insider, die Chanel als Benchmark sehen. Wie steht es um die Präsentation von Luxusmode inmitten einer Pandemie - und danach?

Keine Einladung, nur Internetzugang

Zur Vorführung einfinden konnte man sich am 8. Juni um 12 Uhr. Einladung war keine nötig, ausschließlich ein Internetzugang. Auch etwas, das so ganz anders war als bei den Chanel-Shows mit ihren unzähligen Sicherheitsbeamten und Türstehen. Was man bereits davor wusste: Dass die Kollektion unter dem Titel „Balade en Méditerranée“ stehen würde, denn bereits einen Tag zuvor wurden einige Teaser-Bilder präsentiert.

Um 12 Uhr wurde dann ein Video gepostet. Sieben Minuten, vier Models und synthetische Upbeat-Musik, die man so auch von den Laufstegen kennt. Die Ästhetik teils im kulissenartigen Sonnenuntergang am Strand, teils hinter blauer Fototapete auf einem Balkon.

Was auffällt: Ein eindeutiger Fokus auf die Accessoires, ein Blick auf die Total Looks war kaum möglich. Im Normalfall werden die Details einer Kollektion von den Journalisten und Einkäufern erst bei einem Re-See nach der Show begutachtet. Auch dass es sich tatsächlich um über 50 Looks handelt, war im Video nur schwer fassbar. Schließlich laufen sonst zum Ende einer Show noch einmal alle Models in Reih und Glied über den Laufsteg.

Und auch die wohl größte Herausforderung, Begehrlichkeiten durch Emotionen zu erwecken, klappt mittels Instagram-Video, das zumeist am kleinen Smartphone-Bildschirm konsumiert wird, nur schwer. Auch ein Narrativ zu erstellen war mittels Videos, das zwischen zwei Einstellungen - am Strand und am Balkon - wechselte, kaum möglich. Somit wirkte die Präsentation eher wie ein Lookbook-Video und weniger wie eine Show.

Modenschau noch immer das Nonplusultra

Es ist das erste Mal, dass Chanel eine Show nur in digitaler Form präsentierte. Und es gab auch ein paar kleine Pannen: Dass eine Stunde später in den Instagram-Storys noch immer nur die Preview-Bilder zu sehen waren und auch der Link in der Bio nicht funktionierte etwa. Alles in allem lässt sich wohl sagen: Gut gemacht und schön, aber auch sehr brav. Die vollen Möglichkeiten einer digitalen Präsentation wurden nicht ausgeschöpft.

Das hatte man aber wahrscheinlich sowieso nicht vor. Bereits im Oktober plant man jedoch wieder eine "echte" Show, kündigt Bruno Pavlovsky Präsident von Chanel SAS im Interview mit „WWD" an. "Eine Modenschau ist immer noch die beste Möglichkeit, eine Kollektion zu erzählten und die Geschichten sind auch wichtig für uns in den Stores später, denn sie sind der Ausgangspunkt", meint er.

>>> „WWD"

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