Prognose

Handel verliert bis zu 26 Milliarden Euro in zwei Jahren

Die Coronakrise krempelt die gesamte Handelslandschaft um
Die Coronakrise krempelt die gesamte Handelslandschaft umAPA/ROLAND SCHLAGER
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Alleine heuer könnten dem heimischen Handel 15 Milliarden Euro entgehen - wenn alles gut läuft.

2020 und 2021 werden dem österreichischen Handel insgesamt 26 Milliarden Euro an privaten Haushaltsausgaben entgehen, wie die heute, Dienstag, präsentierte Prognose des Marktforschungsinstituts Branchenradar zeigt. Dem Handelsverband zufolge sei aber sogar das zu optimistisch – eine zweite Coronavirus-Welle oder anderweitige Einrisse wurden nämlich nicht miteingerechnet. Momentan sei jeder Ausblick mit großen Unschärfen behaftet, sagt auch der Studienautor.

Die Coronakrise krempelt die gesamte Handelslandschaft mit ihren 600.000 Beschäftigten um. Im Vorjahr verzeichneten Sportartikel (+5,3 Prozent), Elektrogeräte (+3,3 Prozent) und Lebensmittel (+3,0 Prozent) unter den einzelhandelsrelevanten Ausgaben noch die stärksten Zuwächse. Auch dem Modehandel (+2,5 Prozent) ging es nicht schlecht, während der Büchermarkt (-0,1 Prozent) bereits einbüßen musste. Heuer werden Bekleidung und Schuhe der Studie zufolge voraussichtlich ein Minus von 3,8 Prozent einfahren, Möbelhändler dürften sogar 5,3 Prozent an Umsatz verlieren. Für Sportausrüstung (-0,4 Prozent) und Elektronik (-1,5 Prozent) scheint sich das Blatt ebenfalls zu wenden. Der Büchermarkt (+0,7 Prozent) könnte sich dagegen leicht erholen.

Der Marktanteil des Distanz-, also des Onlinehandels, beträgt in Österreich mittlerweile fast zehn Prozent. „2019 lag die Zahl der zugestellten Pakete im B2C-Bereich bei 151 Millionen. Damit ist das Paketvolumen innerhalb eines Jahres um 14 Prozent gestiegen", sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Vor allem Wohnungseinrichtung (+21 Prozent), Drogeriewaren (+49 Prozent), Sportartikel (+26 Prozent) und Gartenartikel (+37 Prozent) ließen sich die Österreicher vermehrt nach Hause liefern.

Die Coronakrise wird den Trend noch längere Zeit befeuern, insbesondere was den Online-Einkauf bei heimischen Anbietern betrifft. „Der E-Commerce federt vielerorts Umsatzverluste im stationären Sektor ab. Darüber hinaus erleben wir einen Lockdown-Effekt: Heimische Onlinehändler gewinnen Marktanteile von der internationalen Konkurrenz zurück“, sagt Andreas Kreutzer, Studienautor und Geschäftsführer des Branchenradar.

Mehrwertsteuer senken „wäre wenig sinnvoll“

Die Ausgaben privater Haushalte stiegen 2019 noch um zwei Prozent auf 206,5 Milliarden Euro – inflationsbereinigt beträgt der Wachstum aber nur 0,5 Prozent. „Heuer rechnen wir mit einem coronabedingten Rückgang der Ausgaben privater österreichischer Haushalte um insgesamt 15 Milliarden Euro", sagt Rainer Will. Damit die Kurve bis 2021 „in V-Form verläuft und nicht in U- oder gar in L-Form“ (siehe Bild), fordert der Handelsverband unter anderem eine Senkung der Lohnnebenkosten.

Grafik: Branchenradar / Handelsverband

„Kurzarbeit ist ja nicht ewig möglich. Darum ist die Senkung der Lohnnebenkosten gerade jetzt wichtig“, sagt Will. Nur, wenn mehr Netto- vom Bruttolohn übrig bliebe, könnte die Kaufkraft und auch die Sparquote demnach wieder steigen. Eine niedrigere Mehrwertsteuer hält man beim Handelsverband dagegen für weniger sinnvoll, zumindest unter den aktuellen Umständen. „Eine Senkung der Mehrwertsteuer wäre mit massiven Umstellungsaufwänden verbunden. Wenn das Modell so wie in Deutschland mit Jahresende ausläuft, zahlt sich das nicht aus“, sagt Will.

Vatertag bringt 120 Millionen Euro

Feiertage wie der anstehende Vatertag bringen immerhin kurzfristig Leben ins Einkaufsgeschehen. „Jene, die anläßlich des Vatertages Geschenke machen, geben dafür im Durchschnitt rund 40 Euro aus. In Summe liegen die Ausgaben für den Vatertag in Österreich bei fast 120 Millionen Euro“, sagt Peter Buchmüller, (noch) Branchensprecher bei der Wirtschaftskammer (WKO). Eine Umfrage mit 1007 Teilnehmern zwischen 15 und 75 Jahren ergab, dass fast ein Viertel (23 Prozent) am liebsten Süßes zum Vatertag schenkt – gefolgt von Bier (13 Prozent) und Parfums bzw. Pflegeprodukten (11 Prozent). Laut der Prognose des Branchenradars werden Drogeriewaren mit einem Plus von 1,3 Prozent im heurigen Jahr zu den wenigen Umsatz-Gewinnern zählen.

Prognose für 2020

Folgende Segmente werden die Coronakrise voraussichtlich mit einem Umsatzplus überstehen:
- Videospiele +7,7 Prozent
- Nahrungsmittel +7,1 Prozent
- Medikamente +6,2 Prozent
- Drogeriewaren +1,3 Prozent

Diese Bereiche werden vermutlich Umsatzverluste verzeichnen:
- Möbel -5,3 Prozent
- Mode -3,8 Prozent
- Haushalt -1 Prozent

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