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Neue Filmhighlights auf Netflix und Amazon: Killer, Ufos und ein Teenie-Cyrano im Liebesdreieck

The Half Of It
The Half Of It(c) Netflix / KC Bailey (KC Bailey)
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Noch können die zögerlich öffnenden Kinos nicht mit Neuerscheinungen aufwarten. Wer halbwegs frische Filme heischt, muss mit dem Exklusivprogramm von Streamingdiensten vorliebnehmen. Fünf Tipps.

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The Half of It

Kluge Coming-of-Age-Komödie
Zu sehen auf Netflix

Dass jemand als Mensch nicht gehört wird, kann viele Gründe haben. Vielleicht liegt es an der Rolle, die einem von der Gesellschaft auferlegt wurde. Wie bei Aster Flores (Alexxis Lemire), deren Interesse für Kunst sich nicht mit ihrer Stellung als High-School-Schönheit vereinbaren lässt. Oder das Ausdrucksvermögen hinkt dem Innenleben hinterher. Wie beim Footballer Paul Munsky (Daniel Diemer), dessen grobschlächtiges Gebaren ungeahnte Empfindsamkeit übertüncht. Manchmal läppern sich auch viele Faktoren auf einmal. Wie bei Ellie Chu (Leah Lewis), die als hochintelligentes Einzelkind eines alleinerziehenden Vaters chinesischer Herkunft in einer verschlafenen, erzreligiösen Kleinstadt Iowas gleich x-fach außen vor ist. Aus der Perspektive dieser Totalaußenseiterin erzählt Alice Wus „The Half of It“ eine an Cyrano de Bergerac angelehnte Geschichte über den Abbau von Berührungsängsten, mit einem Liebesdreieck als Katalysator: Ellie, die sich ihr Zubrot als Hausübungs-Ghostwriterin verdient, wird von Paul gebeten, seine heimliche Liebe zu Aster in schöne Worte zu kleiden. Blöd, dass sie selbst längst ein Auge auf Aster geworfen hat. Was folgt, ist klug, humorvoll, feinfühlig, berührend – und in puncto Süßlichkeit perfekt temperiert.

Time to Hunt

Südkoreanischer Gangsterthriller
Zu sehen auf Netflix

Die Zukunft ist kein Zuckerschlecken für Jun-seok (Lee Jehoon) und seine Spießgesellen. Im dystopisch abgewrackten Südkorea von „Time to Hunt“ gibt es für die verlorene Jugend kein Abkommen vom Abstellgleis. Es sei denn, ein cleverer Coup bringt das große Geld. Ein Überfall auf eine illegale Spielhölle klappt. Doch die geschröpften Gangster setzen einen gnadenlosen Killer auf die Bande an, der sie fortan verfolgt wie ein geölter Terminator. Kurz vor Corona feierte Yoon Sung-hyuns gemessener Actionthriller bei der Berlinale Premiere, bald darauf machte ihn Netflix global verfügbar. Ein düsterbunt schwummerndes Spannungsstück mit einem Schuss Sozialkritik, das vor allem atmosphärisch überzeugt.

Selah and the Spades

Eigentümlicher High-School-Film
Zu sehen auf Amazon

An einem Elite-Internat in Pennsylvania herrschen fünf Cliquen über den Alltag der Schülerschaft. Die „Spades“, zuständig für Drogenhandel, werden von Selah (Lovie Simone) angeführt. Sie hat ihr Geschäft streng im Blick und duldet keinen Widerspruch. Kopfzerbrechen bereitet ihr bloß die Erbfolge. Nur die jüngere Paloma (Celeste O'Connor) scheint ihrer Fußstapfen würdig zu sein. Doch deren konträrer Wertekanon führt bald zu Konflikten. Irgendwo zwischen Wes Anderson und Shakespeare trottet dieser eigentümliche High-School-Film voller frühreifer Figuren seinen Botschaften entgegen: Solidarität schlägt Machtwillen. Und: Coolness schützt vor Dummheit nicht.

A Sun

Taiwanesisches Krimidrama
Zu sehen auf Netflix

Netflix werkelt weltweit an seinem Leumund als Schutzpatron erwachsener Filmkost aus dem budgetären Mittelfeld. Auch in Taiwan, wo der Streaming-Anbieter das jüngste Drama des renommierten taiwanesischen Autorenfilmers Mong-Hong Chung in sein Repertoire aufgenommen hat. Es handelt von einer Familie, deren Söhne verschiedener nicht sein könnten: Der eine Musterschüler mit blühenden Aussichten, der andere Delinquent auf kriminellen Abwegen. Doch ein Schicksalsschlag wirft schmerzhaftes Licht auf die fatalen Folgen dieser kurzsichtigen Wahrnehmung. Langsam und bedächtig schält „A Sun“ die Zwiebelschichten seines Erzählgefüges, um dessen verantwortungsverkettete Protagonisten ins Licht der Läuterung zu führen.

The Vast of Night

Übermütige Mystery-Preziose
Zu sehen auf Amazon

Es gab eine Zeit, da war Radio eines der wichtigsten Fenster zur Welt. Und Funkmeister waren die lässigsten Nerds weit und breit. Wobei: So wortgewandt wie der schlaksige Everett (Jake Horowitz) konnten wohl nur die wenigsten durch den Alltag cruisen. Kein Wunder, dass die Jungtelefonistin Fay (Sierra McCormick) ihm nacheifert. An einem Freitagabend in den späten Fünfzigern – während die meisten Bewohner eines neumexikanischen Kaffs einem Basketballspiel beiwohnen – geht das Duo zwanglos palavernd seinen Verpflichtungen nach. Bis ein seltsames Rauschen einen Veteranen animiert, in der Sendung anzurufen. Um zu berichten, wie er einst an einer geheimen Mission beteiligt war, die möglicherweise etwas mit extraterrestrischen Botschaften zu tun hatte. Eine unheimliche Rätselrallye nimmt ihren Lauf. Ist die Wahrheit irgendwo da draußen? Oder alles nur Einbildung? Regiedebütant Andrew Patterson überrascht mit einer Mystery-Preziose, die selbst wie ein Ufo im Streaming-Pool wirkt. Skript und Stilistik sind zwar etwas übermütig und unkoordiniert, doch die Ambition von „The Vast of Night“ erfrischt ebenso wie sein ungewöhnliches Setting und die atypischen Haupt- und Nebenfiguren.

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