Junge Forschung

Die Kraft kleinster Organismen

Katrin Attermeyer untersucht die Abbaumechanismen von aus dem Boden gelöstem Kohlenstoff durch Mikroorganismen in Gewässern.
Katrin Attermeyer untersucht die Abbaumechanismen von aus dem Boden gelöstem Kohlenstoff durch Mikroorganismen in Gewässern.Wolfgang Mayer
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Die Limnologin Katrin Attermeyer erforscht im niederösterreichischen Lunz den Einfluss von Mikroben auf den Nährstoff- und Kohlenstoffkreislauf in Binnengewässern.

Vom Meer zum See, vom Wal zur Mikrobe. Katrin Attermeyers Interessen haben eindeutig einen Sprung in der Größenordnung gemacht, auch wenn ihr Hintergrund derselbe ist. „Schon als Kind habe ich am liebsten die Tiere draußen beobachtet und wollte immer ganz genau wissen, wie die Natur funktioniert“, sagt die 35-Jährige. „Erst später lernte ich, dass man das Ökologie nennt.“

Sie begann, sich für Haie und Wale zu begeistern, studierte Biologie mit Schwerpunkt Meeresbiologie in Rostock an der Ostseeküste Deutschlands, bis eine Vorlesung über mikrobielle Ökologie die Weichen zu ihrem heutigen Forschungsfokus stellte. „So spannend die größten Bewohner der Erde, die Blauwale, auch sind, die Welt beherrschen nun einmal diejenigen, die wir mit bloßem Auge nicht sehen.“ Bakterien, Pilze, Einzeller oder Mikroalgen zum Beispiel.

Reges Leben im Schleim

Den Kleinstlebewesen widmete sie ihre Diplomarbeit; danach wandte sich die gebürtige Deutsche der Süßwasserökologie zu, im Fachbegriff Limnologie. Sie dissertierte am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei zur Rolle von Mikroben in den Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufen kleiner Seen. Seit 2018, nach prägenden Postdoc-Jahren in Schweden, arbeitet Attermeyer am Wasser-Cluster Lunz in Niederösterreich. Es ist ein interuniversitäres Zentrum für die Erforschung aquatischer Ökosysteme, an dem die Uni Wien, die Donau-Uni Krems und die Universität für Bodenkultur beteiligt sind.

Was sich für viele einfach nur „gatschig“ anfühlt, wenn sie bloßfüßig an einem Seeufer oder in einem Bach waten, ist für die Forscherin höchst faszinierend. „Wer ist noch nicht auf einem schleimigen Stein ausgerutscht?“, schmunzelt sie. „Dieser sogenannte Biofilm ist aber außerordentlich wichtig für die Wasserqualität.“ Die in ihm und im Wasser drumherum lebenden Bakterien und Pilze bauen nämlich organisches Material ab und reinigen so die Gewässer. „Außerdem beeinflussen sie das Austreten klimarelevanter Gase wie Kohlenstoffdioxid und Methan.“

Das abzubauende Material besteht aus gelöstem Kohlenstoff und Nährstoffen, die aus den Böden der Umgebung in ein fein verzweigtes Netzwerk von Fließgewässern und Seen gelangen. „Je nach Menge und Zusammensetzung und abhängig von den Umweltbedingungen wird dies entweder direkt zersetzt und als Kohlenstoffdioxid respektive Methan an die Atmosphäre abgegeben oder aber im Gewässer abgelagert bzw. stromabwärts transportiert.“ Darüber, wie sich Düngemittel und Schadstoffe aus der Landwirtschaft, Waldrodungen, Siedlungsbau, Flussbegradigungen oder auch klimatische Stressfaktoren wie Erwärmung und Austrocknung auf diese Prozesse auswirken, weiß man noch wenig.

Im Mai begann Attermeyer am Wasser-Cluster Lunz mit dem Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe. Mit ihrem Team möchte sie nun derlei Einflüsse gezielt nachahmen, um die Abbauraten der Mikroben unter verschiedenen belastenden Bedingungen zu untersuchen. „Neben diesen Experimenten werden wir auch vor Ort Proben entnehmen und Daten erfassen“, kündigt die Limnologin an. Und nicht zuletzt wolle man vorhandene Langzeitdaten unter die Lupe nehmen, etwa solche, die Aufschluss über Klimaveränderungen geben.

Die Mechanismen des Abbaus von aus dem Boden gelöstem Kohlenstoff durch die beteiligten Mikroorganismen hat Attermeyer in den vergangenen zwei Jahren speziell in der sogenannten hyporheischen Zone untersucht. Das ist die Grenzzone in Bächen, an der sich Grund- und Bachwasser mischen. „Hier sind die Mikroorganismen des Biofilms intensiv am Kohlenstoff- und Nährstoffumsatz beteiligt und können sehr bedeutend für die Nährstoff-Fracht und Kohlendioxidkonzentration des Gewässers sein.“

Die Lust an der Beobachtung der Natur und ihrer Bewohner legt die Forscherin übrigens auch in der Freizeit nicht ab. Nur, dass die dann vorzugsweise durch die Linse der Fotokamera erfolgt, die sie auf ihren Bergwanderungen immer dabei hat.

Zur Person

Katrin Attermeyer (35) studierte in Rostock (D) Meeresbiologie und schwenkte dann zur mikrobiellen Ökologie. Sie promovierte am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei über die Rolle von Mikroben in Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufen kleiner Seen und forscht bis heute dazu; erst in Schweden (Uni Uppsala) und seit 2018 am Wasser-Cluster Lunz (NÖ).

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