Mein Samstag

Vanillekipferln im Juni

Jetzt habe ich es tatsächlich getan. Weihnachtskekse im Juni gebacken.

Um auszuprobieren, wie die im Sommer ganz ohne Adventstimmung (oder eher -hektik) schmecken, nehme ich mir das nämlich seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten vor. Und hätte ganz verlässlich auch heuer wieder darauf vergessen, hätten mir nicht gleich drei unserer Leser höchst aufmerksam Back-Erinnerungs-Mails geschickt (danke!) – nachdem ich im Jänner in dieser kleinen Kolumne darum gebeten habe, man möge mich doch bitte im Juni daran erinnern.

Fühlt sich fast ein wenig verboten an, wenn man im Juni das Vanillekipferl-Rezept raussucht. Tatsächlich backt es sich, befreit von der stressigen Weihnachtserledigungsliste im Hinterkopf, im Juni wesentlich entspannter. Sollten Sie auch einmal so ein Kekse-im-Sommer-Experiment wagen: Die halbe Teigmenge reicht locker, und sogar damit gehen sich Unmengen aus, weshalb man sich kurz vor den Ferien (sprich Bikinisaison) schon die Frage stellt, wozu man Winter für Winter diese enormen Kalorienbombenvorräte anlegt?

Jahreszeitenunabhängig ist jedenfalls mein überschaubares Talent, zarte Kipferln zu formen: Wie immer wurden es ziemliche Brocken, mit denen man nicht nur keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, sondern direttisma disqualifiziert würde. Groß verschenken braucht man sie aber eh nicht. Nicht nur, weil man damit im Juni schief angeschaut wird, sondern weil man mit Vanillekipferln nur verlieren kann: Da ist nämlich jeder Mensch der Meinung, dass die eigene Oma die allerbesten Kipferln gebacken hat, an die kein anderer je herankommt (was natürlich stimmt). Das Kind, das Vanillekipferln sehr mag (und das, obwohl man sie anders als die Ausstechkekse gar nicht mit Zuckerperlen, -streuseln und -schriften überdekorieren kann), befand die Juni-Vanillekipferl-Fuhre jedenfalls für „unfassbar gut“, weshalb selbige nun schon deutlich dezimiert ist.

Jedenfalls also: Wieder etwas von der To-do-Liste gestrichen. Fehlt noch auf Weltreise gehen (falls Lotto-Sechser) und Glühwein im August zubereiten (falls nicht). Eines davon machen wir dann im nächsten Jahr.

E-Mails an:mirjam.marits@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2020)

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