Karin Mack in ihrem ausgesprochen ordentlichen Atelier in Margareten. Hinter ihr ihre jüngsten Serien.
Kunst

Vergessene Künstlerinnen in der Albertina Modern: „Damals hätte ich das Geld gebraucht“

In der Eröffnungsausstellung der Albertina Modern stößt man auf einige Künstlernamen, die nicht so geläufig sind. Wer steckt hinter ihnen? Wir besuchten Karin Mack, Ingeborg G. Pluhar, Reimo Wukounig. Und fragten nach dem späten Ruhm – und Erwin Thorn

Reiner Zufall – oft ist das so mit Karrieren, vor allem in der so schwer objektiv bewertbaren bildenden Kunst. Einmal zufällig auf die richtige Vernissage gegangen, einmal zufällig den einen interessierten Kurator, die interessierte Kuratorin kennengelernt, einmal zufällig den Kritiker als Nachbarn gehabt zu haben. Ein konstantes, relevantes Werk natürlich vorausgesetzt – und plötzlich kommt Bewegung hinein. Entscheidet sich, ob man in den „Kanon“ eingeht, in großen Ausstellungen wie jetzt über die Anfänge der Wiener Avantgarde nach 1945 in der Albertina Modern aufscheint oder nicht.

Zufall auch, dass man bei diesem einen Begräbnis am Gersthofer Friedhof vor Monaten abschweifte, angelockt von einem Grab, das so ungewöhnlich schien: Dicke, braune Baumstämme aus Stein bedecken es, darauf eine weiße, marmorne Kapsel. Erwin Thorn (1930–2012) und Edith Saurer (1942–2011), liest man. Nie gehört. Bei der Albertina Modern-Eröffnung plötzlich die Wiederbegegnung – ebenfalls provoziert durch ungewöhnliche Formen, durch große, weiße, amorphe Objekte an der Wand, mit zarten roten Schattierungen. 1968, unglaublich. Von wem? Erwin Thorn, Bildhauer, was für eine Entdeckung. Man beginnt herumzufragen, niemand scheint ihn gekannt zu haben, die Galerie des ebenfalls schon verstorbenen Georg Kargl vertritt ihn aber, man arbeite gerade an einer ersten Monografie, erfährt man. Aber sonst?

Es gibt einige Künstlernamen in der Albertina Modern, die nicht so geläufig sind. Wer steckt hinter ihnen? Welche Begegnungen werden einem noch geschenkt?

Die Feministin als Witwe. Man drückt die schwere Tür mit den mächtigen Löwenköpfen in Margarethen auf, durchschreitet einen grünen Innenhof, blickt unsicher um eine Ecke. „Hier bin ich“, ruft Karin Mack – und schon steht man in einem selten ordentlichen Atelier. So viel Klarheit und Energie. Die 80 sieht man der konzeptuellen Fotokünstlerin nicht an. An den Wänden hängen ihre jüngsten Serien, „Scratches“ etwa, bei denen sie mit Schmirgelpapier und scharfen Geräten die Figuren halb nackt posierender Mädchen auf Modefotos bis zum papierenen Untergrund ausgekratzt hat. Zurschaustellung, Oberfläche – „Das widert mich so an, das ist wie Prostitution. Wir müssen doch im Leben bis zum Urgrund vordringen, um zu begreifen, warum wir auf der Welt sind“, erklärt Mack ihren aggressiven Eingriff.

Bügeltraum, 1975. Das letzte Bild aus einer vierteiligen Serie, in der man sieht, wie Karin Mack erst als ganz brave Hausfrau Wäsche bügelt, dann den Schleier und sich schließlich als dramatische Witwe aufs Brett legt.
Bügeltraum, 1975. Das letzte Bild aus einer vierteiligen Serie, in der man sieht, wie Karin Mack erst als ganz brave Hausfrau Wäsche bügelt, dann den Schleier und sich schließlich als dramatische Witwe aufs Brett legt. (C) Mak

Der Weg zu ihrem heutigen Feminismus, der künstlerisch mit ihren feministischen Foto-Performances der 1970er-Jahre anfing, wie sie jetzt in der Albertina Modern hängen, war sicher kein vorgegebener. Die Arzttochter begann zwar mit 16 schon zu fotografieren, erzählt sie, doch nach der Schule wusste sie nicht wirklich weiter. Also wurde wie damals üblich eben geheiratet, immerhin direkt hinein ins Herz der damaligen (männlichen) Avantgarde. Friedrich Achleitner hieß der Auserwählte, sie bekam Kinder, sog das ganze intellektuelle Umfeld der Wiener Gruppe in sich auf, fotografierte es, begann dann aber bald mit eigenen freien Arbeiten, dem „Bügeltraum“ (1975) etwa, wo sie sich erst den schwarzen Schleier bügelt, um am Ende auf dem Brett zu liegen, „als Witwe“, so kam sie sich nämlich vor, weil der Mann war eh nie zu Hause. Mehr als sieben Jahre ging das nicht gut, erinnert sie sich, seither lebe sie vor allem allein. Über die Rollenklischees, die sie damals beschäftigten, sei sie „schon lang drüber“. Damals aber engagierte sie sich stark bei der 1977 gegründeten Künstlerinnenvereinigung Intakt, über deren Geschichte sie 2011 auch ein Buch, „Freischwimmen“, veröffentlichte.

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