Walk of Häme

Ischglluder

Oder: Warum VdB und Schüssel mittagessen und Platter alle überdauert.

Diese Woche fand für die Bedeutung des Anlasses ziemlich unbemerkt ein Mittagessen im kleinen Kreis statt. Ganz klassisch Tafelspitz und Marmelade-Palatschinken ließ Alexander Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei zu Ehren von Wolfgang Schüssel auftragen. Der Altbundeskanzler feierte seinen 75. Geburtstag, wegen der Virusvorsicht waren statt der halben Republik nur ein paar enge Weggefährten eingeladen, die mit Schüssel „den schwarz-blauen Marsch durch die Wüste Gobi“ absolviert hatten, der dann schließlich im orange-blauen Gatsch stecken blieb. Wilhelm Molterer und Andreas Khol nahmen ebenso am Essen teil wie der Vertraute des Bundespräsidenten Lothar Lockl, der 2002 zusammen mit dem Grünen-Chef VdB wesentlich an den letztlich gescheiterten Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen beteiligt war. Aus einem Vizekanzler Van der Bellen wurde also nichts, Herbert Haupt blieb diese Rolle im Kabinett Schüssel II schließlich vorbehalten.

In dieser Regierung waren auf VP-Seite übrigens Minister wie Martin Bartenstein, Elisabeth Gehrer, Maria Rauch-Kallat, Ernst Strasser und Karl-Heinz Grasser vertreten. Klingt nach längst vergangenen Zeiten, wenn man einmal von der Gerichtsberichterstattung absieht. Nur ein Minister von damals bekleidet immer noch eine politische Spitzenfunktion. Günther Platter, Verteidigungsminister und ganz kurz sogar in der sonst nur aus Juntas bekannten Doppelfunktion als Verteidigungs- und Innenminister tätig, hat als Landeshauptmann von Tirol alle politischen Wechsel überdauert.

Kein Wunder also, dass sein Politstil 2020 schon ein wenig angegraut wirkt. Hatte Platter schon rund um Corona nicht gerade geglänzt und ein ziemlich einzigartiges Tiroler Verständnis von politischer Verantwortung etabliert, legte er diese Woche in dieser Hinsicht sogar noch einmal nach. Er lasse sich niemanden aus der Regierung „herausschießen“, ließ Platter wissen, nachdem es doch sein Stellvertreter als Landeschef war, der sich mit seinem „widerlichen Luder“ selbst aus allen politischen gängigen Umlaufbahnen hinausgeschossen hatte. Wie schon zuvor der Gesundheitslandesrat. Doch der Tiroler Landeshauptmann setzt unverdrossen weiter auf sein Ischgl-Luder-Dreamteam. Mit grüner Rückendeckung übrigens.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2020)

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