Der Kniefall wird gerade zum Ausdruck friedlichen Protests gegen Rassismus. Er war freilich immer schon in unserem körpersprachlichen Repertoire: im Gebet, als Bitte um Erhörung oder als Demutsgeste eines Unterlegenen. Erzwungen und freiwillig.
Der Kniefall ist im Amerika unter Donald Trump zum Politikum geworden, seit der Football-Star Colin Kaepernick 2016 aus Protest gegen Polizeigewalt in den USA während der Nationalhymne auf die Knie gegangen war. Eine Tat, die ganz und gar nicht dem Nationalstolz der USA entsprach, der verlangt, mit der Hand auf dem Herzen, stehend und dem Sternenbanner zugewandt Patriotismus zu demonstrieren.
Im Gedenken an den jüngst von Polizisten getöteten Afroamerikaner George Floyd wurde der Kniefall in den USA zum allgegenwärtigen Ausdruck eines friedlichen Protests gegen Rassismus und sorgt für Schlagzeilen wie 1968 der Black-Power-Protest des afroamerikanischen Leichtathleten Tommie Smith: Mit der Goldmedaille um den Hals und gesenkten Hauptes streckte Smith die rechte Faust im schwarzen Handschuh in die Höhe. Ist nun an die Stelle des Aufschreis ein friedliches Gegenstück getreten?
Der Kniefall hat eine lange Geschichte. Als Geste der Gottesverehrung in der Messe und im Gebet, als Bitte um Erhörung vor einem Mächtigen oder einer geliebten Person, als Demutsgeste des Unterlegenen, aber auch um Verzeihung Bittenden.
Reverenz im Knien. Es hat lang gedauert, in Österreich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, bis ein Herrscher beschloss, mit dem verpflichtenden Kniefall Schluss zu machen. Der Reformkaiser Joseph II. verbot am 4. Jänner 1784 den Handkuss und das Kniebeugen vor den Personen der kaiserlichen Familie und das Niederknien vor dem Landesherrn, „weil solches von Mensch zu Mensch keine passende Handlung ist und bloß gegen Gott allein vorbehalten bleiben muss“.