Randerscheinung

Gedanken über das Wetter

(c) Carolina Frank
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In dem ganzen Coronagetöse ist völlig untergegangen, wie miserabel der Mai und nun auch schon wieder Teile des Juni waren.

Wäre ich Frau Holle oder der Wettergott, ich würde mir die Hände reiben. In dem ganzen Coronagetöse ist nämlich völlig untergegangen, wie miserabel der Mai und nun auch schon wieder Teile des Juni waren. Und das ist ganz und gar nicht egal, nur falls irgendjemand einwenden würde, wie man sich ausgerechnet jetzt Gedanken über das Wetter machen kann.

Für alle, die Licht und Wärme brauchen, sind Mai und Juni deutlich mehr als nur die halbe Miete. Und auch das sonst probate Gegenmittel, die Flucht über die italienische Grenze, ist uns immer noch versperrt. Die Erfahrung lehrt uns auch, für die restlichen Monate ohne R skeptisch zu sein: Wenn das Frühjahr diesbezüglich nicht klappt, wird der Sommer meistens auch nix. Der Mai war außerdem kalt und trocken, eine besonders gemeine Kombination. Verregnet hilft wenigstens dem Grundwasserspiegel, den Allergikern und irgendwann dann der Ernte.

Aber kalt und trocken klingt nach langer Durststrecke in der kasachischen Steppe. Nicht, dass ich schon dort gewesen wäre. Und weil alle  darüber gesprochen und sich damit ablenken haben lassen (wäre ich für Verschwörungstheorien empfänglich, könnte ich glatt glauben, die Pandemie sei nur deswegen inszeniert worden), wann und unter welchen Bedingungen die Frei- und Seebäder wegen der Pandemie möglicherweise endlich wieder aufsperren können, hat keiner bemerkt: Es gab keinen einzigen Badetag im Mai. Auch die meisten ohnehin nicht gerade warmen österreichischen Seen sind heuer Anfang Juni noch einmal die paar entscheidenden Grade Celsius kälter. Wenn ein Neoprenanzug die Ansteckungsgefahr mindert, könnte das vielleicht die Lösung für die Abwicklung des heimischen Sommertourismus sein. Nur damit das auch einmal gesagt worden ist.

(Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 27.03.2020)

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