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Reisekrise, Teil acht

Vorübergehend. Leere Strände (wie hier in Sri Lanka) werden nicht leer bleiben: Der Druck des Tourismus ist groß, der coronabedingte Undertourism wird bald vorbei sein.
Vorübergehend. Leere Strände (wie hier in Sri Lanka) werden nicht leer bleiben: Der Druck des Tourismus ist groß, der coronabedingte Undertourism wird bald vorbei sein.(c) REUTERS (DINUKA LIYANAWATTE)
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Kein "Undertourism"-Sommer! Aber hoffentlich scheitern sinnlose Projekte.

Von "Overtourism" spricht man, wenn die Zahl der Bewohner eines Landes von der seiner Besucher übertroffen wird. Als überfüllteste Destination gilt Kroatien (4,1 Millionen Einwohner) mit jährlich 57,6 Millionen Touristen. Am anderen Ende der Skala steht Papua-Neuguinea (acht Millionen/200.000). Corona bescherte Kroatien schlagartig einen "Undertourism" von papua-neuguineischen Ausmaßen.

Viele fanden die menschenleeren Innenstädte schön. Doch trotz "koste es, was es wolle" blieben auch die Börsen der Tourismusanbieter schön leer. Beileibe nicht aus medizinischen Gründen öffnen jetzt die meisten europäischen Staaten füreinander die Grenzen. Werden spektakuläre Infektionswellen folgen? Nein, die Tourismusmanager sind super optimistisch. Wird schon schiefgehen.

Mit einem Datenschutz-Glaubenskrieg zum Thema zentrale beziehungsweise dezentrale Datenspeicherung scheiterte im April eine einheitliche europäische Contact-Tracing-App. Deutschland diskutierte das öffentlich; Länder wie Österreich sparten sich die Debatte und entwickelten ihre National-Apps. Witze machten die Runde. Die coolste Funktion der Rote-Kreuz-App: Wischt man das Bild eines Covid-Infizierten, den man traf, nach links, verschwindet er ganz. Wischt man es hingegen nach rechts, darf man sich erneut mit ihm treffen!

Der wohltuende Undertourism wird bald zu Ende sein. Bleibt die Hoffnung auf eine sinnvolle neue Ära mit weniger Menschenmassen und weniger Kurzstreckenflügen. Müssen ja wirklich nicht 57,6 Millionen Leute nach Kroatien jetten. In Spitzenzeiten befanden sich weltweit gleichzeitig bis zu 20.000 Flugzeuge (im Schnitt 10.000) in der Luft über 200.000 am Tag. Positiver Kollateraleffekt des Zusammenschmelzens der Branche: Endlich wackeln überflüssige Wachstumsprojekte wie jenes der dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat. Zukunftsbewusste Luftfahrt benötigt dringend eine durchdachte Phase des Postwachstums ("degrowth"). Hinter der kleinen Corona-Tourismuskrise lauert ja die große, weil existenzielle Klimakrise, durch die uns das Reisevergnügen gänzlich zerstört werden könnte.

(Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 15.05.2020)

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