Quergeschrieben

Krummes Holz, krumme Linien und der neueste Denkmalsturm

Verhüllte Churchill-Statue in London.
Verhüllte Churchill-Statue in London.REUTERS
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„Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft, wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.“ (George Orwell, „1984“)

Es gibt viele Gründe, Denkmäler zu stürzen und Straßen, Plätze oder Gebäude umzubenennen. Einige sind durchaus ehrenwert, andere gar nicht. Immer aber werden durch solche Eingriffe in die Erinnerungslandschaft ideologische und politische Veränderungen sichtbar. Das mag eine positive Wende sein wie in Osteuropa, wo man sich der Lenin-Statuen entledigte, eine ambivalente wie im Irak, wo unter den Augen amerikanischer Soldaten Saddam-Hussein-Statuen zertrümmert wurden, oder eine negative wie in der Russischen Revolution, wo die Spuren des autoritären Zarismus ausgelöscht wurden, um eine noch viel schlimmere Diktatur zu etablieren. Für Gewalt gegen Statuen gilt wie für die gegen Menschen: Es kommt darauf an, wofür sie eingesetzt wird.

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Oktroyiertes Vergessen verfehlt fast immer den erwünschten Effekt, weil es auch ein Erinnern an das Vergessen gibt. Die Römer erinnerten sich genau an die Kaiser, die der „damnatio memoriae“ anheimfielen, die Russen errichteten den Zaren neue Denkmäler, sobald das wieder möglich war. Jede Entrümpelung eines Denkmalparks setzt voraus, dass sich der Blick auf die Vergangenheit wesentlich geändert hat, zum Guten oder zum Schlechten. Streit ist da unvermeidlich, aber Streit gehört zu einer lebendigen politischen Kultur.

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