Oscars

Dieses Filmjahr hat 14 Monate

An Oscar statue is seen covered in protective plastic as preparations are underway for the 87th Academy Awards in the H
An Oscar statue is seen covered in protective plastic as preparations are underway for the 87th Academy Awards in the Himago images/UPI Photo
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Zum vierten Mal in der Geschichte des Filmpreises wird die nächste Gala verschoben – wegen der Coronakrise. Ein Symbol für den Ausnahmezustand in Hollywood.

Monatelang geschlossene Kinos, abgebrochene Dreharbeiten und viele Unsicherheiten – das Jahr 2020 ist kein leichtes für Hollywood. Immerhin hat es 14 Monate: So haben es die Veranstalter der Oscars bestimmt, die trotz schwindender Fernsehzuschauer und regelmäßiger Kritik immer noch der wichtigste Filmpreis und Gradmesser für den Zustand der amerikanischen Kinoindustrie sind. Die Verleihung 2021 wird aufgrund der Coronapandemie um zwei Monate auf den 25. April verschoben, zur Nominierung zugelassen sind jetzt Filme, die zwischen 1. Jänner 2020 und 28. Februar 2021 ihren US-Kinostart haben (bisher endete die Frist am 31. Dezember).

Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die die Oscars vergibt, will damit Filmemachern „die Flexibilität geben, die sie brauchen, um ihre Filme fertigzustellen und zu veröffentlichen“. Einige Studios zeigten sich schon erfreut. Tatsächlich blieb den Oscars aber auch gar nichts übrig, als nach hinten zu rücken – nicht nur, weil der Super Bowl, ein noch größeres TV-Ereignis, den ursprünglichen Oscar-Termin am 28. Februar als mögliches Ausweichdatum gewählt hat.

Filmstarts rücken weiter in den Herbst

Es gäbe für die Oscars sonst schlicht wenig zu prämieren nach einem Jahr, in dem monatelang kein einziger Film herauskam. Selbst jetzt, wo in vielen US-Bundesstaaten die Kinos zögerlich wieder aufsperren, bleibt das Programm mehr als luftig. Der Blockbuster-Knall, mit dem das Kinotreiben wieder angefacht werden soll, wurde vom Studio Warner Bros. gerade wieder vertagt: Christopher Nolans Science-Fiction-Actionfilm „Tenet“, der sicher auch auf Oscar-Lorbeeren hofft, soll nun erst Ende Juli starten, wenn – so die Hoffnung des Studios – weltweit mehr Publikum ins Kino darf (und sich traut). Im Schlepptau verschiebt sich eine ganze Reihe von Filmstarts nach hinten.

Auch internationale Produktionen, die oft einen Festivalparcours absolvieren, bevor sie sich um Oscar-Gold bemühen (wie der koreanische Vorjahressieger „Parasite“) lassen sich heuer Zeit. Wes Andersons „The French Dispatch“, der als Eröffnungsfilm für das abgesagte Festival von Cannes gehandelt wurde, kommt im September; viele Filmemacher soll der Cannes-Chef Thierry Frémaux aber gebeten haben, ihre Werke für 2021 aufzusparen. Auf die coronabedingten Kinoschließungen hat die Oscar-Academy schon vor einiger Zeit reagiert: Erstmals sind heuer auch Filme zugelassen, die nur via Streaming erschienen sind – wenn für sie ein Kinostart zumindest geplant war.

Anlass für unsichtbare Filmemacher?

Kritik an den heurigen Ausnahmeregeln ließ nicht lang auf sich warten: Die Academy könnte den Filmemangel doch zum Anlass nehmen, um Werke von Künstlern, die oft übersehen werden – etwa aus Minderheiten –, zu berücksichtigen. Tatsächlich will sich die Academy neue Regeln auferlegen, um ihre Filmauswahl diverser zu machen – aber noch nicht in diesem Jahr.

In der Geschichte der Oscars ist es das vierte Mal, dass eine Gala verschoben wird: 1938 war die Überschwemmung von Los Angeles schuld, 1968 setzte man wegen der Ermordung von Martin Luther King aus, 1981 wegen eines Mordversuchs an Präsident Ronald Reagan.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2020)

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