In den USA werden Statuen des Entdeckers geköpft und in den Fluss geworfen. Indigenen Gruppen und der „Black Lives Matter“-Bewegung gilt er als Völkermörder und Sklaventreiber. Spanische Historiker halten heftig dagegen.
In Genua wurde er geboren, da sind sich die Historiker heute fast sicher. Doch nur fast: Ein paar bleiben dabei, dass er aus Katalonien, Mallorca oder Frankreich kam. Einen so legendären Entdecker hätten bis vor Kurzem gern auch andere für sich reklamiert. Aber nun, im Rausch der Proteste gegen Rassismus in den USA, wollen viele die Erinnerung an Christoph Kolumbus lieber auslöschen: Seiner Statue in Boston hat man den Kopf abgeschlagen, die in Richmond in den Fluss geworfen, jene in Miami verwüstet und ihre steinernen Hände rot beschmiert. Rot wie Blut. Denn da sind sich die wütenden Bilderstürmer ganz sicher: Kolumbus war ein Völkermörder, ein Sklaventreiber, ein Vernichter amerikanischer Kultur. Schlimmer waren nur noch die spanischen Eroberer, die ihm im Kielwasser seiner Santa Maria nach Westindien folgten.
Viren statt Musketen
Wie war es wirklich? Das Hispanic Council, ein Thinktank, der sich angenehm anachronistisch um den kulturellen Austausch zwischen Spanien und der „Neuen Welt“ bemüht, hielt schon im vorigen Herbst dagegen, im Zuge der Debatten um die Abschaffung des Columbus Day als Feiertag. Die Historikerin María Saavedra fasste in einem „Handbuch zum Umgang mit Kolumbus“ den Forschungsstand zusammen. Um die Frage des Genozids zu klären, holt sie Mediziner in den Zeugenstand. Tatsächlich starben in den ersten Jahren der Eroberung 90 Prozent der karibischen Ureinwohner. Aber sie wurden nicht Opfer von Kanonen oder Musketen, sondern der Schweinegrippe.