Astronomie

Europäische Sonde "Solar Orbiter" nähert sich erstmals der Sonne

ESA
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Das Raumschiff kam auf seiner Bahn der Sonne bis auf 77 Millionen Kilometer nahe, das ist etwa der Hälfte der Entfernung Sonne - Erde. In den nächsten Jahren wird es noch näher werden - und für die Sonde heißer.

Die im Februar gestartete europäische Sonnen-Mission „Solar Orbiter" hat dieser Tage ihre erste Annäherung an unser Zentralgestirn absolviert. Laut ESA kam sie der Oberfläche der Sonne am 15. Juni bis auf 77 Millionen Kilometer nahe, was etwa der Hälfte der Entfernung Sonne - Erde entspricht.

In den kommenden Tagen nach diesem Perihel, also dem sonnennächsten Punkt auf der Umlaufbahn um die Sonne, testen die beteiligten Wissenschaftler der ESA sowie der US-Raumfahrtbehörde NASA die zehn Instrumente an Bord des Raumschiffs, darunter sechs Teleskope, die erstmals solche Nahaufnahmen von der Sonne machen werden, und zwar in mehreren Spektralbereichen, darunter im Ultraviolettbereich und im für Menschen sichtbaren Licht. 

Laut Daniel Müller, ESA-Projektwissenschaftler für den Solar Orbiter, sollen die ersten Bilder dieser Art noch im Juli veröffentlicht werden. „Wir haben noch nie Bilder der Sonne aus einer näheren Entfernung als dieser gemacht", sagt Müller. "Es hat Nahaufnahmen mit höherer Auflösung gegeben, die zum Beispiel vom Vier-Meter-Sonnenteleskop Daniel K. Inouye auf Hawaii Anfang dieses Jahres aufgenommen wurden. Aber von der Erde aus, mit der Atmosphäre zwischen Teleskop und Sonne, kann man nur einen kleinen Teil jenes Sonnenspektrums sehen, den man im Weltraum sehen kann".

Annäherung über einige Jahre mit Hilfe der Venus

Die klobige Sonde von rund 1,8 Tonnen Masse fliegt in den kommenden Jahren auf einer Bahn um die Sonne, allerdings nicht so wie etwa der sonnennächste Planet Merkur: Die Bahn ist vielmehr stark elliptisch und hat ihr Aphel - den sonnenfernsten Punkt - etwa im Abstand der Erde.

Das Perihel, der sonnennächste Punkt, liegt vorerst noch einige Umläufe lang etwas außerhalb der Bahn des Merkur (mittlerer Abstand zur Sonne: 58 Millionen Kilometer), wobei der erste Umlauf etwa acht Monate lang dauern wird. Zwischenzeitlich fliegt der Solar Orbiter dicht an der Venus vorbei und nützt deren Gravitation für Bahnänderungen, sodass das Perihel ab 2022 zwischen Merkur und Sonne gerutscht sein und ein Umlauf etwa ein halbes Jahr dauern wird.

Hitzeschild und Kühlsysteme

Die Annäherung an die Sonne soll dann weniger als 48, ja weniger als 42 Millionen Kilometer betragen. Das machte klarerweise ein besonderes Kühlsystem plus einen Hitzeschild nötig, denn es werden bei den Annäherungen Temperaturen von 500 Grad Celsius und mehr erwartet.

Zudem wird die Bahn der Sonde im Verhältnis zur Ebene der Planeten mit der Zeit vertikal verstellt, sodass sie einmal über, einmal unterhalb der Ebene (Ekliptik) kreist. Dadurch wird man erstmals von einer erhöhten bzw. erniedrigten Position heraus auf die Pole der Sonne sehen können, was von der Erde aus unmöglich ist. 

Durch die verschiedenen Teleskope auf der Sonde, die federführend von Astrium UK (heute Airbus Defence and Space) zusammengebaut worden ist, werde man laut dem deutschen Solarphysiker Müller erstmals alle solche Bilder verschiedener Frequenzbereiche zusammensetzen und so die verschiedenen Teile der Sonne darstellen können, etwa die Oberfläche, die äußere Atmosphäre und ihr weiteres Umfeld.

Andere Instrumente messen Eigenschaften der Umgebung, etwa Magnetfeld und Sonnenwind. Die Instrumente und Teleskope wurden unter anderem in Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien und den USA gebaut. Während der nun laufenden ersten Testphase der Systeme entfernt sich der Solar Orbiter bereits wieder von der Sonne; sein nächstes Perihel dort wird im Jänner 2021 sein.

(wg)

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