Deutschland

Die Fleischfabrik als Virenschleuder

Fleischfabrikant Toennies in Rheda Wiedenbrueck
Fleischfabrikant Toennies in Rheda Wiedenbrueckdpa
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Etwa 600 Mitarbeiter eines Schlachthofes in Nordrhein-Westfalen wurden positiv auf Corona getestet. Die Behörden versuchen mit aller Kraft, eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Und wieder ist es ein Schlachthof, der in Deutschland für einen sprunghaften Anstieg an Covid-19-Fällen sorgt: Beim Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück (Nordrhein-Westfalen) wurden bis Mittwochabend rund 600 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Die Ergebnisse von 500 Proben stehen aber noch aus. Der Betrieb mit rund 7000 Mitarbeitern wurde am Mittwoch bis auf weiteres gesperrt.


Die Auswirkungen dieses Corona-Ausbruchs sind im gesamten Landkreis Gütersloh zu spüren: Ab Donnerstag sind alle Schulen und Kindergärten gesperrt, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. „Wir wollen kein unnötiges Risiko eingehen“, verteidigte der zuständige Landrat, Sven-Georg Adenauer (CDU) die Maßnahmen. Einen Lockdown der Region will er auf jeden Fall verhindern. Zu erwarten sei jedoch, dass durch die Schließung der riesigen Fleischfabrik ein Engpass in ganze Deutschland entstehen könnte: 40 Prozent der Lebensmittel, die mit Fleisch zu tun haben, werden in der nächsten Zeit in den deutschen Supermarktregalen fehlen, so die Behörden.

Am Wochenende heim

Die Firma Tönnies und die Behörden führen die Häufung der Fälle auf die Öffnung der innereuropäischen Grenzen zurück. Die Hälfte der Tönnies-Beschäftigten sind zumeist osteuropäische Werkvertragsarbeiter. Viele von ihnen sind zwar die Anfangszeit der Coronapandemie in Deutschland geblieben. Doch nach den Lockerungen hätten viele die Wochenenden genutzt, um zu ihren Familien nach Hause zu fahren. Einige sind mit dem Virus zurückgekommen.


Der Großteil der Infizierten arbeitet in der Zerlegung. Nun sollen auch Mitarbeiter in anderen Teilbereichen getestet werden. Erst vor wenigen Wochen waren bei Tönnies behördliche Test durchgeführt worden, die damals alle negativ ausgefallen waren. Der Betreiber geht davon aus, dass auch die speziellen Arbeitsbedingungen in den Kühlhallen der Schlachthöfe für eine Verbreitung des Virus sorgen: „Gerade gekühlte Räume mit herbstlichen Bedingungen“ können zu Ausbreitungsstätten werden, so ein Sprecher.


Erst vor wenigen Wochen gerieten die Arbeitsbedingungen an deutschen Schlachthöfen ins Rampenlicht: In zahlreichen Betrieben traten Covid-19-Erkrankungen auf. Die oft miserable Bezahlung von Arbeitern aus Osteuropa sowie ihre Unterbringung in Massenquartieren wurden diskutiert. Meist arbeiten sie auf Werkvertrag, den sie nicht direkt mit den Schlachthöfen abschließen, sondern mit Subunternehmern. Gegen diese Vorwürfe wehrte sich die Firma Tönnies bei einer Pressekonferenz.
Eine Erkenntnis, auf die sich Behörden und Betroffene einigen können: Die Pandemie ist nicht vorbei. (zoe)

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