Evolutionsbiologie

Evolution „live“: Was aus Fischen wird, die an Land gehen

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Schleimfische verwandeln sich vom Alleskönner zum Spezialisten.

Es ist einer der faszinierendsten Aspekte der Evolution, dass Arten durch Anpassung in völlig neuer Umgebung überleben können – wie beim Landgang der Wirbeltiere, die einst allesamt im Wasser lebten. Meist erforscht man dies mit Fossilien. Aber der australische Biologe Terry Ord hat nun entdeckt, dass sein Spezialgebiet, die Schleimfische, lebendiges Anschauungsmaterial liefern (Functional Ecology, 17.6.).

Die Familie zählt über 350 Arten. Manche leben im Wasser, manche als Amphibien in der Gezeitenzone, einige ganz am Land. Die dauerhaften Landgänger haben die Zwischenstation durchgemacht, die Evolutionsstufen lassen sich also zeitgleich beobachten.

Die Wasser-Land-Pendler sind „Tausendsassas“: Allesfresser, die sich flexibel anpassen (so flüchten sie aus dem Wasser, wenn sich dort zu viele Räuber tummeln). Entsprechend groß sind bei diesen Arten die Bandbreiten bei der Körpergröße oder Zahl und Länge der Zähne. Das bestätigt den Forschungsstand: Wer sein Habitat verlässt, muss ein Generalist sein. Aber wie ist es bei den Fischen an Land? Auch sie atmen über Kiemen und ihre schuppenlose Haut. Sie können nur auf Klippen leben, die von der Gischt besprüht werden, nur dort sind die grauen Tierchen getarnt. Ihre räumliche Nische ist also sehr eng. Zum Essen finden sie nur Ablagerungen von Organismen.

Um diese gut vom Stein zu kratzen, haben sie immer viele lange Zähne, und sie sind immer klein, um leichter herumspringen zu können. Sie sind also zu echten Spezialisten geworden. Und, was für Evolutionsforscher überraschend ist: Die Vielfalt wird im neuen Habitat nicht größer, sondern reduziert sich stark.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2020)

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