Infodemie

Youtube im Spannungsfeld zwischen Zensur und Meinungsfreiheit

APA/dpa/Jörg Carstensen
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Dass Youtube eine Drehscheibe für Verschwörungstheorien und Fake News ist, ist nicht neu. Mit der Corona-Pandemie setzt die Videoplattform Akzente, die Verbreitung einzudämmen.

Flat-Earth-Anhänger, Bill Gates als Kopf einer neuen Weltordnung, 5G und Impfpflicht, viele Verschwörungstheorien bekommen durch Plattformen wie Youtube Zulauf. Vor einer "tödlichen Verbreitung von Fehlinformationen" warnte Virologe Christian Drosten im Zusammenhang mit dem Coronavirus in einem Offenen Brief bereits Mitte Mai. Gemeinsam mit Ärzten, Gesundheitsexperten und Krankenpflegern forderte er bereits im Mai Plattformen wie Youtube, Facebook und Twitter zu einem strengeren Vorgehen gegen Fake News auf. Nicht die einzige Kritiker an den Tech-Giganten, die nur zögerlich Maßnahmen ergreifen, um dagegen vorzugehen. In Deutschland werden teils Strafen für Unternehmen gefordert, die zu lasch gegen Fake News vorgehen.

Youtube ist das Epizentrum von Fake News. 46 Prozent von 1800 geprüften Inhalten im Zusammenhang mit dem Coronavirus führten zur Videoplattform. Das ergab eine Untersuchung von der für Facebook tätigen Faktencheck-Plattform Correctiv. Zwar ist die Google-Tochter die größte Drehscheibe, populär werden Videos aber vor allem durch den Facebook-Messenger WhatsApp, wo die Inhalte verbreitet werden.

Youtube selbst hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Verbreitung von falschen, irreführenden und gefährlichen Inhalten zu minimieren. 6,5 Millionen Euro investiert die Plattform im Kampf gegen die sogenannte "Infodemie".

„Zehntausende Videos entfernt"

Zudem wurden die Community-Richtlinien regelmäßig an das Coronavirus angepasst. Grundsätzlich werden Beiträge gelöscht, wenn sie gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, beziehungsweise gegen das österreichische Strafrecht. "Das hat dazu geführt, dass seit Beginn dieser Krise zehntausende Videos wegen Verstößen entfernt wurden. Wir sprechen hier zum Beispiel von Videos, die das Virus mit der 5G-Technologie in Verbindung bringen oder Videos, die falsche Heilmittel anstelle von seriösen medizinischen Empfehlungen verbreiten", erklärt dazu Sabine Frank, Youtube Head of Government Affairs and Public Policy.

Dabei sei aber Youtube als offene Plattform immer in einem Spannungsfeld zwischen Zensur und freier Meinungsäußerung, fügt Frank hinzu. Deshalb beschränkt man sich nicht darauf, Videos zu löschen. "Das Entfernen von Inhalten ist nur ein Hebel, mit dem Youtube die Verbreitung von Fehlinformationen begrenzt", sagt Frank.

Gleichzeitig werden Empfehlungen für grenzwertige Inhalte und potenziell schädliche Fehlinformationen reduziert und seriöse Quellen sichtbarer gemacht, berichtete Frank. In 30 Ländern, darunter auch in Österreich, wurde ein "Top News Shelf" eingerichtet, das Inhalte verlässlicher Quelle zum Coronavirus sichtbar machen soll. Hier werden etwa Videos von Nachrichtenseiten angezeigt, die über Pressekonferenzen der Regierung berichten.

Mit 500 Stunden neuem Videomaterial pro Minute ist eine Überprüfung nur durch Menschen schier unmöglich. Deswegen greift die Plattform auf eine Kombination aus Machine Learning und Experten zurück. Hier arbeitet Youtube mit regionalen Organisationen und Medizinern zusammen.

Unter allen Videos mit Inhalten zu Corona finden sich außerdem Informationen des Gesundheitsministeriums. Auch wenn sich eine Suchanfrage auf Corona bezieht, wird prominent auf die Webseite des Ministeriums verwiesen.

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