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Dieser Artikel lügt nicht. Wie kann man das wissen?

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Verhaltensforscher empfehlen Anreize, selbst die Qualität von Nachrichten in sozialen Netzwerken zu prüfen.

Die Erde ist flach. Tausende Leser erheben den Daumen für einen Artikel, in dem das behauptet wird, und den mir mein „Newsfeed“ ans Herz gelegt hat. Darunter findet sich in Dutzenden Kommentaren kein einziger Einwand, nur Bekräftigungen. Also ist die Erde wohl wirklich flach. Gegen solche Fallen von Filterblasen setzen Twitter und Facebook, nach langer Kritik, nun professionelle Faktenchecker ein. Diese verweisen auf „anerkannte“, „vertrauenswürdige“ Seiten, die eine andere, rundere Sichtweise nahelegen. Aber woher beziehen die Prüfer ihre Legitimation, darüber zu entscheiden, was vertrauenswürdig ist? Als Instanz sind sie so mächtig wie undurchsichtig, anfällig für Bestechung und Manipulation. Also müsste man sie staatlich regulieren. Durch ein Ministerium für Wahrheit? Dann droht uns Zensur.

Um solche neue Fallen zu vermeiden, setzen Verhaltensforscher nun auf Anreize für die Nutzer, selbst mitzudenken. Einen Überblick bietet Philipp Lorenz-Spreen vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung mit Kollegen von den Unis Harvard, Bristol und Perth (Nature Human Behaviour, 15.6.). Zum Beispiel: Nur wenige soziale Netzwerke ergänzen ihr „Gefällt“-Symbol um das negative Pendant „Gefällt nicht“. Wer nun liest: „4600 Lesern hat dieser Artikel gefallen“, ist geneigt zu denken: Dieser Artikel findet Anklang. Wer hingegen erfährt: „4600 von 1,5 Millionen Lesern hat dieser Artikel gefallen“, kommt durch die zusätzliche Information eher zum gegenteiligen Schluss. Aber ist der Artikel nicht trotzdem wichtig, weil ihn so viele gelesen haben? Sobald wir wissen: „Die mittlere Verweilzeit beträgt acht Sekunden“, wird klar, dass nur wenige ihn zu Ende lesen. Vielleicht fühlen sich ja die meisten vom reißerischen Titel angezogen, merken aber schnell, dass die Geschichte dahinter keine Substanz hat.

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