Film

Nicolas Cage im Würgegriff der Weltraum-Grippe

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Der Film „Color Out of Space“ ist ein düsterer, irrwitziger Farbenrausch.

Was könnte einen besseren Einstieg in die Post-Corona-Kinosaison bieten als ein Film über eine nebulöse außerirdische Macht, die sich unvermittelt im Lebenskreis einer herzensguten Provinzfamilie breitmacht – und sie langsam aber sicher in den Wahnsinn treibt? Na gut: Richard Stanleys „Color Out of Space“ ist fraglos nicht jedermanns Sache. Doch für alle, die Fantastik, Irr- und Aberwitz auf der Leinwand schätzen, hält die verstrahlte Fabel, die letztes Jahr beim Slash-Filmfestival ihre Österreichpremiere feierte und jetzt an zwei Einzelterminen im Filmcasino (19. und 24. Juni) zu sehen sein wird, viele fluoreszierende Attraktionen bereit.

Eine davon ist Hauptdarsteller Nicolas Cage, dessen zügellose Performance im Alptraumtrip „Mandy“ das Fahrwasser bereitet hat, in dem Stanleys Adaption einer Kurzgeschichte des Horrormystikers H. P. Lovecraft – die selbiger zu seinen besten zählte – nun wilde Wellen schlägt. Zwar verlagert der südafrikanische Kultregisseur Stanley, der 1990 mit der Cyberpunk-Perle „Hardware“ für Furore sorgte, die Erzählung in die Gegenwart. Doch im Kern bleibt er der Vorlage treu. Cage spielt den gutmütigen Ex-Hippie Nathan Gardner. Der Familienalltag des Subsistenzbauers wird vom Einschlag eines irisierenden Meteoriten gestört, dessen Aura auf unheimliche Weise um sich greift.

Die Alpakas werden unruhig

Pinke Wunderblumen sprießen vor der Haustür, seltsame Insekten surren aus dem Brunnen, die Alpakas scharren unruhig im Stall. Schon bald gärt ungute Stimmung im Unterholz, macht die liebevoll gezeichnete Exzentrikersippe der Gardners (Teenagertochter Lavinia ist dem Neopaganismus zugetan) fuchsig. Und irgendwann steht Nathan selbst neben der Spur, zetert und tobt mit fremder Stimme und verängstigt mit wüsten Tiraden, deren Tonfall ein wenig an den des amtierenden US-Präsidenten gemahnt, seine Liebsten. Auch seine Frau beginnt sich zu verändern. Sind etwa alle vom gemeinen Weltraumorganismus infiziert? Gibt es kein Entrinnen vor der perfiden Astralgrippe? Steht sie symbolisch für Hasspolitik, Klimawandel, kapitalistische Korruption? Egal: Jedenfalls lohnt sich der Absturz in ihren düsteren Farbenrausch – für den Zuschauer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2020)

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