Studie

Warum in der Donau der Sand fehlt

imago images/Volker Preußer
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Donau-Verbauungen lassen Sandstrände am Schwarzen Meer schwinden, das zeigte eine internationale Untersuchung mit Beteiligung von Wiener Forschern.

Die Donau ist ihrer Charakteristik nach über weite Strecken ein Gebirgsfluss. Auch daher finden sich im Donauwasser jede Menge Geschiebe und Schwebstoffe. Durch die vielen Unterbrechungen von Europas zweitlängstem Fluss landen diese Sedimente nun nicht mehr in ausreichendem Maß im Donau-Delta. Das lässt die Sandstrände des Schwarzen Meeres schwinden, berichten Wiener Forscher am Freitag.

Im Verlauf ihres 2857 Kilometer langen Weges von Süddeutschland bis zur Mündung im Schwarzen Meer in Rumänien stellt der Mensch viele Ansprüche an den Fluss: So wird er von der Binnenschifffahrt stark befahren, dient als Versorger mit Wasser, Erholungsort oder wird intensiv zur Energiegewinnung genutzt. Im Endeffekt herrscht daher nur noch auf rund zehn Prozent der Länge ein Gleichgewichtszustand, berichtet ein Forschungsteam, das das Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung (IWA) der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien sowie 14 weitere Partner aus Donau-Anrainerländern umfasst. An diesen stark verteilten Abschnitten tritt zwar keine Eintiefung und Auflandung auf, erklärte Boku-Forscher Helmut Habersack. "Richtig naturnahe Strecken" gebe es etwa in Österreich aber trotzdem "eigentlich nicht mehr".

Die Auswirkungen, die auch die zahlreichen Verbauungen zum Hochwasserschutz, der vielfältige menschliche Einfluss auf Zubringerflüsse, etc. darauf haben, was an Sedimenten am Ende im Donau Delta ankommt, haben die Wissenschafter im Rahmen des von der EU geförderten Projekts "DanubeSediment" berechnet. Ein Effekt der umfassenden Beeinflussung des Flusses ist, dass aktuell im Jahresdurchschnitt nur noch 15 bis 20 Millionen Tonnen Schwebestoffe im Schwarzen Meer ankommen.

Betrachte man die historische Fracht vor den Kraftwerkserrichtungen von rund 40 bis 60 Mio. Tonnen jährlich, ist das ein erheblicher Rückgang von ungefähr 60 Prozent. Das bleibt im Schwarzen Meer nicht ohne Folgen: So betrage dort der Verlust an manchen Sandstränden bis zu 24 Meter pro Jahr.

In Wachau schmäler und tiefer

Andernorts ist die Problemlage in dem laut Habersack vielfach "gestörten System" anders: So lagern sich im Einzugsgebiet der Staustufen - alleine in Österreich sind dies zehn entlang der Donau - die Sedimente verstärkt ab, was zu Auflandungen führt. Von diesem Effekt ist der Analyse nach rund ein Drittel des Flusses betroffen. Auf den freien Fließstrecken, wie in der Wachau und östlich von Wien, leidet der Fluss wiederum daran, dass die Sedimente fehlen und das Geschiebe, sprich der Kies, entlang der Flusssohle nicht mehr weitergetragen werden kann. Im Zusammenspiel mit einer von den Forschern ermittelten Laufverkürzung der Donau um 134 Kilometer und einer Reduktion der Breite um bis zu 40 Prozent - also einer erhöhten Sedimenttransportkapazität - tieft sich der Fluss an solchen Stellen mit der Zeit ein. Von dieser Spielart der Erosion sind über 50 Prozent der Gesamtstrecke betroffen.

Im Rahmen des groß angelegten Projekts ging es vor allem darum, eine auch mit den Regierungen und der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau (IKSD) abgestimmte Sedimentbilanz für den Fluss zu erstellen. Jetzt sei erstmals klar, dass das "Sedimentmanagement ein signifikantes Wasserbewirtschaftungsthema ist. Das haben wir eindeutig beantworten können", sagte Habersack.

Sedimente zurück ins Flusssystem

Die Wissenschafter haben daher ein "Manual" erstellt, das rund 50 Maßnahmen umfasst, die die "Vision der Wiederherstellung eines ungestörten Sedimentflusses" zumindest näher bringen können. Hier beginnen die Überlegungen schon in den Bergen, wo die Donau-Zubringer ihren Ausgang nehmen. Schon dort könne man etwas tun, wenn beispielsweise ausgebaggerte, abgelagerte Sedimente in Wildbachsperren nicht deponiert werden müssten, sondern dort, wo beispielsweise aus Hochwasserschutzsicht möglich, wieder ins Flusssystem gebracht werden könnten. Hier beginne auch in Österreich eine Diskussion, etwa zu "Bypässen" bei Speichern im Gebirge, so Habersack.

Der Wissenschafter und sein Team wollen etwa auch im derzeit entstehenden Boku-Wasserbaulabor am Brigittenauer Sporn in Wien Ansätze erforschen, wie man im Bereich von Kraftwerken zum Beispiel durch optimierte "Spülungen" dem Material die Chance zum Weiterfließen geben könnte. Dazu kommen Maßnahmen des Ufer- und Buhnenrückbaus oder der erneuten Einbindung einstiger Seitenarme, die in freien Fließstrecken der Eintiefung entgegenwirken. Wichtig sei in dem komplexen Zusammenspiel, die richtigen Maßnahmen im Gesamtsystem an den richtigen Stellen anzuwenden, erklärte Habersack.

>> Zum Projekt „Danube Sediment"

(APA)

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