Biotechnologie

Auf der Jagd nach Enzymen, die CO2 einfangen

(c) imago/Rainer Weisflog (Rainer Weisflog)
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Heimische Forscher fanden neue Wege, um Kohlendioxid mithilfe von Enzymen zu binden. Diese Aufreinigung von Gasgemischen hilft den Mikroorganismen bei der Herstellung von Biomethan, das eine immer gefragtere Alternative zu fossilem Erdgas ist.

Die fossile Konkurrenz ist noch zu billig zu haben, um Biomethan heute großindustriell zu vermarkten. Solang aus Russland Methan unter der Erde so günstig zu uns kommt, hier Wohnungen beheizt und Gasherde in Großküchen bedient, bleiben Experimente und Pilotanlagen, die dieses Gas auf moderne Weise erzeugen, in kleinerem Maßstab und ohne Großabnehmer. Doch die Forschung bereitet sich auf vielen Ebenen darauf vor, den Energieträger Methan effizient und sinnvoll aus Bioabfällen, Pflanzenresten oder Holz herzustellen: Denn die Alternativen für fossile Brennstoffe müssen irgendwann bereitstehen, wenn die Energiewende kommt, um unser Klima zu schützen. Auch als Treibstoff ist Biomethan ein Hoffnungsträger, da im Vergleich zu Benzin und Diesel weniger Emissionen von CO2 und Stickoxiden anfallen und zugleich die Feinstaubbelastung geringer ist.

Die wichtigen Akteure der Biogasherstellung sind jedenfalls Mikroorganismen, die methanogene Archaeen genannt werden, also methanproduzierende „Urbakterien“: Sie verstoffwechseln CO2 – je nach Gattung und Art auf unterschiedliche Weise – zu Methan (CH4). Doch diese Archaeen sind heikel: Die Luft, die sie atmen, soll fast keinen Sauerstoff enthalten – und auch keine Verunreinigungen wie Stickstoff. Das Projekt „CarbonATE“, das vom Klima- und Energiefonds gefördert wird, entwickelt neue Methoden, um CO2 aus Gasgemischen aufzureinigen. „Dass die anaeroben Prozesse der methanogenen Archaeen ohne Sauerstoff und Stickstoff ablaufen, ist deshalb so wichtig, weil das Produkt Methan sonst keinen guten Brennwert hat: Stickstoff bekommt man mit nachgeschalteten Trennverfahren schwer heraus“, erklärt Günther Bochmann vom Institut für Umweltbiotechnologie der Boku Wien.

Diese Enzyme kommen in uns allen vor

Daher fokussiert sein Team auf den Aufreinigungsprozess, der vorab durchlaufen wird – bevor die methanproduzierenden Mikroorganismen gefüttert werden. Das kann mithilfe von Enzymen klappen, die CO2 so fixieren, dass die Archaeen es in reiner Form verwenden können. „Wir haben nun zwei Wege gefunden, um CO2 enzymatisch schnell zu binden“, erklärt Bochmann. Ein Enzym gehört zu den carbonischen Anhydrasen, die CO2 in Hydrogencarbonat (die Salze der Kohlensäure) verwandeln und umgekehrt. „Diese Enzyme kommen in uns allen vor, sie regeln das Gleichgewicht zwischen Kohlendioxid und Hydrogencarbonat“, erklärt Bochmann. Der zweite Kandidat zur CO2-Fixierung ist die Formiat-Dehydrogenase, die das Kohlendioxid in die Salze der Ameisensäure (Formiate) umwandelt. Beide Enzyme können durch ihre Aktivität das Gas für die methanogenen Archaeen so aufreinigen, dass diese ihre methanproduzierende Tätigkeit noch effizienter betreiben.

Gase frei von Sauerstoff und Stickstoff

Biotechnologisch läuft das entweder in einem einstufigen oder zweistufigen Verfahren ab. Im einstufigen Prozess werden die sauerstoff- und stickstofffreien Gase direkt zu den Mikroorganismen geleitet, wo die Enzyme als Hilfsmittel im Substrat beigemengt sind. „Wir testen, ob die Archaeen dadurch einen schnelleren Stoffwechsel haben, weil wir ihnen mehr geben, das sie zu Methan umwandeln können“, so Bochmann.

Im zweistufigen Prozess werden die Gase zuerst verflüssigt und dann zu den Mikroben gebracht: Die Enzyme wirken also in einer Flüssigkeit, die das CO2 aus dem Gas herausholt, damit es sauerstofffrei und ohne Verunreinigung zu den Archaeen kommt.Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, doch es gibt immer noch Hemmnisse, die eine kostengünstige Umsetzung verzögern. „Der erste Knackpunkt ist, dass Wasserstoff (H2) eine teure Ressource ist“, sagt Bochmann. H2 ist neben CO2 aber die wichtigste Zutat, damit Archaeen Methan produzieren können. „Und: Viele denken, dass CO2 gratis ist“, erzählt Bochmann. Doch im Übermaß gibt es nur verunreinigtes Kohlendioxid, vor allem aus Abgasen und Verbrennungsprozessen. „Man kann es nicht einfach aus der Luft holen, das Aufreinigen aus der Atmosphäre würde derzeit etwa 200 Euro pro Tonne CO2 kosten.“

IN ZAHLEN

400 ppm (Parts per Million) also 0,04 Prozent ist der Volumenanteil von CO2 in unserer Atmosphäre. Der Massenanteil beträgt etwa 0,06 Prozent: In einem Kilo Luft befinden sich also etwa 0,6 Gramm Kohlendioxid.

55 Grad Celsius ist die bevorzugte Temperatur, bei der thermophile Archaeen Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) in Methan (CH4) umwandeln. Solche „hitzeliebenden“ Arten arbeiten schneller, aber sind empfindlicher. Es werden auch „mesophile“ („mittelliebende“) Archaeen eingesetzt, die bei 37 ° C ihr Optimum haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2020)

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