„Blöde Welt der Erwachsenen“: Andreas Okopenko, 1930–2010.
Spectrum

Zum zehnten Todestag von Andreas Okopenko: Eine Freundin erinnert sich

Ich weiß nicht, wie lange ich an diesem Freitag bei ihm auf der Kante des Spitalbettes saß; irgendwann hatte ich das Gefühl, es sei Zeit zu gehen. Ich löste seine Hände von meinen und legte sie ihm in den Schoß. Vor zehn Jahren starb Andreas Okopenko: Geschichte einer Freundschaft.

Fragment aus einer Kneipe
„. . . gestorben, ohne eine Karin gekannt zu haben.“
„Heh, Holzschuft, hol . . . . . . !“
(Andreas Okopenko, 11. Oktober 1970)

Liebe Karin Ivancsics! Sie würden nicht erraten, wo Ihr Brief geöffnet worden ist. Nicht ungeduldig im Stiegenhaus, nicht pedantisch im Arbeitszimmer, nicht genüsslich in der Wanne.“ So begann nach dem vorangestellten Eigenzitat der erste Brief, datiert mit 11. Dezember 1993, den ich von Andreas Okopenko erhielt. Erhalten hatte er ihn „auf dem Wachzimmer, denn ich entzifferte den Absender falsch: K. Wasocha (weder im Telefonbuch noch im IG-Autoren-Verzeichnis zu finden). Und das Kuvert war rechts unten verdächtig dick, und ich gehörte zu den Unterzeichnern mancher Pro-Ausländer-Erklärungen. Ich war sehr belustigt, dass gerade Sie mich unwillentlich aufs Glatteis geführt hatten, mit einer harmlosen Heftklammer, unter der sich eine Menge Blattecken bauschte.“

Ich hatte gemeinsam mit Andreas Okopenko den Hertha-Kräftner-Literaturpreis zugesprochen bekommen; er wurde damit als Herausgeber ihres Nachlasses (gemeinsam mit Otto Breicha) gewürdigt, sah den Preis aber in erster Linie als Förderpreis für Nachwuchsautorinnen und empfand sich „bei aller Solidarität da als Fremdkörper“. Er nahm die Ehrung zwar an, überließ das Preisgeld jedoch zur Gänze mir. Der Preis war damals nicht sonderlich hoch dotiert, bedeutete mir dennoch viel, da ich mich nach mehr als zwei Jahren abseits der Literatur mit dem Gedanken trug, als Autorin wieder in Erscheinung zu treten. Da kam mir sein lieber Brief gerade recht, in dessen Verlauf er sich von meiner neuen Prosa angetan zeigte, wovon ich ihm Auszüge als kleines Dankeschön hatte zukommen lassen und welches dann als vermeintliche Briefbombe im Polizeirevier landete.

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