Kazimiera Gadek in ihrer Wohnung, die sie nach dem Tod ihres Mannes gekauft und renoviert hat.
Eine Mutter erzählt

Vermisste Kinder: „Das ist ein Schmerz, der geht nicht weg“

An einem Vormittag verschwand der 17-jährige Mirko Bandic spurlos aus einer Wiener Privatschule und wurde seither nicht mehr gesehen. Das ist jetzt 25 Jahre her. Seither hofft Mutter Kazimiera Gadek, dass er eines Tages zurückkommt.

Der Bub ist schon fast bei der Tür hinaus, da hält ihn seine Mutter zurück. „Du hast dein Jausengeld vergessen“, sagt sie und will ihm die 50 Schilling in die Hand drücken, die jeden Morgen in der Küche für ihn bereitliegen. „Mama, ich will heute nicht essen“, antwortet er. Es ist der Morgen des 15. März 1995. In sechs Tagen wird ihr Sohn Geburtstag haben. Dann ist der 1,85 Meter große Mirko, brünette Haare, blaue Augen, Brille, 17 Jahre alt. Ein durchtrainierter Bursche, ein ausgezeichneter Schwimmer, hochintelligent. Er spricht fünf Sprachen: Polnisch, Deutsch, Englisch, Ungarisch, Kroatisch. Die ersten drei perfekt. An diesem Tag trägt er locker geschnittene Jeans und einen naturfarbenen Strickpulli mit schwarzen Streifen. Seine Mutter gibt ihm resolut das Geld in die Hand. „Ohne Geld kannst du nicht gehen.“ Der Bub muss ja essen. Sie hat kleine Hände, die zupacken können, das sieht man sofort. Resigniert nimmt er das Geld, dreht sich um und geht bei der Tür hinaus. Es ist das letzte Mal, dass ihn seine Mutter sehen wird. Das ist jetzt 25 Jahre her.

Seither teilt sich das Leben von Kazimiera Gadek in zwei. In eine Zeit, in der es eine Familie gab. Und die Zeit danach. Der Ehemann tot, der Sohn verschwunden.

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