Reportage

Ansteckende Rhythmen am Kanal

Kamil Kowalcze
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Der Donaukanal hat sich dank Corona zum Party-Hotspot der Stadt entwickelt. Die Stimmung ist ausgelassen, das Publikum bunt durchgemischt und die Suche nach Alkohol eine Odyssee.

„Geht's hier immer so zu?“, fragt Magda, Beine überkreuzt am nackten Beton sitzend. In der einen Hand hält sie eine Dose Ottakringer, mit der anderen zeigt sie auf die befreit tanzende Meute unter der Schwedenbrücke. „Na, eigentlich erst seit Corona“, antwortet ihr ein Wiener.

Bei dem kurzen Gedankenaustausch kommen sich die beiden epidemiologisch gesehen gefährlich nah – aber nur deswegen, weil die Boxen durch den Widerhall der Brücke so mächtig laut dröhnen.

Magda ist extra aus Oberösterreich gekommen, um am Donaukanal ihr neues Lebensjahr zu feiern. Er hingegen wollte wissen, wo sie das kühle 16er-Blech aufgetrieben hat. Denn Alkohol fließt in dieser sommerlichen Samstagnacht zwar in Strömen – einige Spezialisten beschleunigen die Sogwirkung sogar mit den berühmt-berüchtigten Bierbongtrichtern –, aber wenn man nicht ausreichend davon mitgenommen hat, erweist sich der Versuch, nach 23 Uhr ein simples Bier zu erwerben, als aussichtslose Suche nach dem Heiligen Gral.

Getränke-Tempel am Schwedenplatz

Es gibt sie zwar, die Retter in der Not, die auf ihren Fahrrädern gekonnt zwischen den Massen manövrieren und Bierdosen um zwei Euro derart zwielichtig verkaufen, als wären es harte Drogen. Doch in dieser Nacht übertrifft die Nachfrage das Angebot deutlich – niemand zu sehen, der im Fahrradanhänger literweise Hopfensaft statt Kinder oder Haustiere mitführt. Dieser Mangel an Treibstoff treibt den durstigen Mob zum einzigen um diese Uhrzeit legal zugänglichen kommerziellen Tempel in Kanalnähe: zur Tankstelle am Schwedenplatz.

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