Lokal begrenzte Ausbrüche - wie etwa jener in der Tönnies-Fleischfabrik, sind der Grund für einen massiven Anstieg derReproduktionszahl auf 2,88.
Der Coronavirus-Reproduktionsfaktor "R" in Deutschland ist nach Angaben des Robert-Koch-Instituts weiter deutlich über den kritischen Wert angestiegen. Der "4-Tage-R" werde nun auf 2,88 geschätzt, der "7-Tage-R" auf 2,03, teilte das Institut am Sonntagabend in seinem täglichen Lagebericht mit.
Das sei vor allem auf lokal begrenzte Ausbrüche unter anderem auf einem Schlachthof in Gütersloh zurückzuführen. Am Samstag war der "7-Tage-R" auf 1,55, am Freitag auf 1,17, am Donnerstag auf 1,00 und am Mittwoch auf 0,89 geschätzt worden.
"Da die Fallzahlen in Deutschland insgesamt auf niedrigem Niveau liegen, beeinflussen diese lokalen Ausbrüche den Wert der Reproduktionszahl relativ stark", so das RKI. "Die weitere Entwicklung muss in den nächsten Tagen beobachtet werden, insbesondere in Bezug auf die Frage, ob es auch außerhalb der beschriebenen Ausbrüche zu einem Anstieg der Fallzahlen kommt", so das RKI.
Ziel ist ein Wert von unter 1, weil damit die Zahl der Infizierten rechnerisch sinkt. Das ist auch mit Blick auf die Frage wichtig, ob Lockerungen ausgeweitet oder wieder zurückgenommen werden müssten.
Ein Fünftel infiziert
Bei einem der lokalen Ausbrüche, in der Tönnies-Fleischfabrik im deutschen Rheda-Wiedenbrück, ist die Zahl der Corona-Infizierten auf 1.331 gestiegen. Dies teilte der Kreis Gütersloh am Sonntag mit. Die Reihentestungen auf dem Gelände der Firma seien am Samstag abgeschlossen worden, hieß es. Insgesamt 6.139 Tests seien gemacht worden, 5.899 Befunde lägen bereits vor. Bei 4.568 Beschäftigten konnte demnach das Virus nicht nachgewiesen werden.
In den vier Krankenhäusern im Landkreis werden derzeit 21 Covid-19-Patienten stationär behandelt. Davon liegen sechs Personen auf der Intensivstation, zwei von ihnen müssen beatmet werden. Fünf der sechs sind nach Angaben des Kreises Tönnies-Beschäftigte.
Zudem gab es Hinweise, dass Beschäftigte vor Verhängung der Quarantäne für sämtliche Tönnies-Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück abgereist sind. "Wir haben vermehrte Mobilität wahrgenommen", sagte eine Kreissprecherin. "Eine Handhabe, das zu unterbinden, hatten wir zu der Zeit nicht."
Der Kreis hatte die Quarantäne am Freitag angeordnet. Sie gilt auch für alle Haushaltsangehörigen der Beschäftigten. „Eine Reihe von Mitarbeitern ist ganz offensichtlich in die Heimat zurückgekehrt, unter anderem Personen, die negativ getestet worden sind und die die sich abzeichnende Quarantäne hier vermeiden wollten."
Am Sonntag seien 32 mobile Teams in den Städten und Gemeinden des Kreises unterwegs gewesen, um Personen in ihren Unterkünften zu beraten und ihnen Unterstützung anzubieten.
Mitarbeiter aus 87 Nationen
Am Standort Rheda-Wiedenbrück, dem größten Schlachtereibetrieb Deutschlands, sind nach Unternehmensangaben rund 6.500 Menschen tätig. Rund die Hälfte aller Beschäftigten in der gesamten Tönnies-Unternehmensgruppe arbeiten nach Angaben eines Sprechers über Subunternehmen für Tönnies. Insgesamt seien Menschen aus 87 Nationen für Tönnies tätig. Die mit Abstand größten Gruppen kämen aus Rumänien und Polen. Rund ein Drittel der Beschäftigten mit ausländischer Nationalität lebe mit ihren Familien in Deutschland.
Nach Angaben der Kreissprecherin hat der Leiter des Krisenstabs, Thomas Kuhlbusch, im Zusammenhang mit den Abreisen bereits Kontakt zu den Botschaften der Herkunftsländer aufgenommen und sie darüber informiert. Einige Botschaften hätten sich auch selbst gemeldet. Botschaftsvertreter nahmen auch an der Sitzung des Krisenstabs am Sonntag in Gütersloh teil. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, dass Arbeiter nach Rumänien und Bulgarien abgereist seien.
(APA)