Das Ausfüllen von Formularen für Coronahilfen sei „keine Raketenwissenschaft“, sagt der Vizekanzler. Erleichterungen solle es ab 1. Juli beim Sport geben. Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist für ihn nicht vom Tisch.
Wien. Vizekanzler Werner Kogler glaubt nicht, dass die Gerichte viele wegen der Coronaregeln verhängte Strafen aufheben werden. Zwar könne er Einzelfälle nicht beurteilen, sagte Kogler am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Aus dem Gesundheitsministerium wisse er aber, dass die ausgesprochenen Sanktionen großteils halten würden, meinte der Grünen-Chef.
Das Gesundheitsministerium von Rudolf Anschober steht freilich auf dem Standpunkt, dass man öffentliche Orte von Mitte März bis Ende April nicht betreten hätte dürfen, um jemanden zu besuchen. Zwei Landesverwaltungsgerichte (Wien und Niederösterreich) hatten aber zuletzt anders entschieden. Auch wenn die Regierung in Pressekonferenzen mehrfach erklärt hatte, dass man nur noch aus wenigen Gründen das Haus verlassen dürfe.
Laut den Gerichten durfte man immer aus jedem Grund den öffentlichen Raum betreten – also auch, um jemanden zu besuchen. Die Strafe gegen zwei Personen, die auf dem Weg zu einem privaten Besuch waren, wurde gekippt.
Treffen erlaubt? „Ja, sicher.“
Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer hatte in der „Presse am Sonntag“ die Erklärungen der Regierung zu den Ausgangsbeschränkungen gerechtfertigt. „Ich denke nicht, dass es Unehrlichkeit war. Wir mussten dafür sorgen, dass die Ausbreitung des Virus hintangehalten wird. Und extra darauf hinzuweisen, dass bitte alle ihre Freundinnen und Freunde besuchen sollen, wäre wohl nicht zweckdienlich gewesen“, sagte sie. Hat sie gewusst, dass private Treffen rechtlich immer erlaubt waren? „Ja, sicher. ,Die Presse‘ hat das ja auch geschrieben und korrekt dargestellt“, erklärte Maurer.
Für die eine oder andere Behörde möge es schon eine „Irritation“ gegeben haben, was in Zeiten der Coronabeschränkungen gegolten habe oder nicht, meinte Kogler am Sonntag. Sollte es aber Gründe zum Aufheben einer Strafe geben, müsse diese auch gekippt werden.
Als Sportminister stellte Kogler Lockerungen für Mannschafts- und Kontaktsportarten im Freien ab 1. Juli in Aussicht. Dass es bürokratische Hürden bei den Coronahilfen für Unternehmen gibt, gestand Kogler ein. Es sei sicher so, dass man einige Formulare durcharbeiten müsse. Dennoch verteidigte er die Gestaltung der Maßnahmen, denn: „Raketenwissenschaft ist es keine.“
Die von der Regierung beschlossene Einmalzahlung für Arbeitslose findet Kogler gut. Er sieht aber eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes auch weiterhin – zumindest für seine Partei – nicht vom Tisch. Ohnehin werde es im Herbst ein großes Arbeitsmarktpaket brauchen, auch die Kurzarbeit müsse reformiert werden.
Schallenberg: Debatten normal
Dass es in bestimmten Bereichen unterschiedliche Zugänge der Koalitionspartner gibt, bestätigte am Wochenende der ÖVP-nominierte Außenminister Alexander Schallenberg. Es sei „völlig normal, dass es Diskussionen gibt“, sagte er. „Das halte ich sogar für belebend“, fügte er hinzu. Wesentlich sei, dass man in den internationalen Organisationen und in den Gremien der EU mit einer Stimme auftrete.
Zuletzt hatten Grüne-Politiker in der Frage des EU-Budgets und der Finanzierung der EU-Coronahilfen der Linie der ÖVP offen widersprochen. (red/APA)