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Doch keine Strafanzeige wegen "taz"-Kolumne

Horst Seehofer, CSU.
Horst Seehofer, CSU.imago images/Jacob Schröter
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Der deutscher Innenminister Horst Seehofer zieht seine Drohung (nicht unerwartet) zurück und verkündet stattdessen eine „Einladung“ der Chefredaktion ins Innenministerium.

Eine Kolumne in der Tageszeitung "taz“ zog in Deutschland weite Kreise, zu einer Anzeige wird es aber nicht kommen. Ohnehin war spekuliert worden, welche Rechtsgrundlage es für die Drohung des deutschen Innenministers Horst Seehofer geben könnte, eine Strafanzeige gegen die Kolumnistin zu stellen, die eine Kolumne mit dem Titel „All Cops are berufsunfähig" verfasst hatte. Später erklärte er: Als Straftatbestände kämen Volksverhetzung oder Beleidigung infrage.

Nun sagte Seehofer, er werde statt einer Klage die "taz"-Chefredaktion in sein Ministerium einladen, "um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen", erklärte Seehofer. Außerdem werde er sich an den Deutschen Presserat wenden, weil die Kolumne "in meinen Augen einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex darstellt". Der Presserat ist ein Organ der Selbstkontrolle der deutschen Presse, dort hat es bereits Hunderte Beschwerden wegen der Kolumne gegeben.

Der Auslöser des Konflikts. In der "taz" hatte eine Autorin vor einer Woche ein Gedankenspiel angestellt, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht. Am Ende des Textes hieß es: "Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“ Inwieweit dieser Beitrag humoristisch, satirisch (gemeint) war, wurde  Medien stark diskutiert. Genauso wie die Frage, ob er tragbar ist. Dass der Text Empörung auslöste, kann jedenfalls überraschen.

Diskurs, „wie wir miteinander umgehen"

Die Chefredaktion der Zeitung äußerte später wegen der sehr scharfen Worte ihr Bedauern. Seehofers Drohung hatte eine heftige Debatte um die Grenzen der Einflussnahme für einen Regierungsvertreter ausgelöst. Ihm gehe es nicht um Strafverfolgung einer Person "und schon gar nicht um einen Eingriff in die Pressefreiheit", betonte er nun. "Mir geht es im Gegenteil darum, dass wir dringend eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen müssen, wie wir in dieser Gesellschaft miteinander umgehen und wo die Grenzen einer Auseinandersetzung sind", erläuterte er. "Wir müssen auf die Verrohung in unserer Gesellschaft reagieren. Und das beginnt mit der Wahl unserer Worte."

In der "Bild"-Zeitung hatte der Minister zuvor auch eine Verbindung zwischen dem Artikel und den Ausschreitungen in Stuttgart am Wochenende hergestellt, wo ein gewalttätiger Mob Polizisten verletzte und Geschäfte plünderte.

>>> Die Kolumne

(red.)

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