Gastkommentar

Holt das Novomatic Forum zurück ins öffentliche Interesse!

Isabelle Saurer
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Die öffentliche Hand sollte das Verkehrsbürogebäude von der Novomatic in Wien zurückkaufen.

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Laut der „Presse“ vom 15. Juni überlegt die Novomatic den Verkauf des sogenannten Novomatic-Forums gegenüber der Wiener Secession. Es wäre ein zeitgemäßer Schritt, wenn die öffentliche Hand das Gebäude des vormals staatlichen Österreichischen Verkehrsbüros zurückkaufen würde. Das Gebäude, 1922 bis 1923 errichtet, von den Otto-Wagner-Schülern Hermann Aichinger und Heinrich Schmid, verbindet das Areal von Naschmarkt und Secession mit dem angrenzenden Karlsplatz und könnte eine ideale Ergänzung für jenen – von öffentlichen Nutzungen geprägten – Großraum darstellen, der entlang des früheren Glacis die Wiener Innenstadt umfasst.

Eine derartige Entscheidung würde einen symbolträchtigen Kurswechsel signalisieren. Für den Moment kann offen bleiben, ob sich der Bund oder die Stadt Wien um das Gebäude bemühen sollten, denn die Signifikanz der Intervention liegt gerade in der einstweilen offenen Nutzungsfrage. Im ersten Schritt würde es reichen, das Gebäude dem privaten Immobilienmarkt wieder zu entziehen und es einmal im öffentlichen Interesse zu „parken“.

Sodann könnten im nächsten Schritt alle Erwartungen an öffentliche, zentrale Infrastrukturen – von Drogenberatungsstelle bis zu Galerie, Museum, Bibliothek, Kindergarten, Maker Space, Amtsgebäude, Ruheraum, Gaming Zone etc. etc. – etwa im Rahmen von Anhörungen und Konzeptwettbewerben manifest werden. Diese „Wunschproduktion“ – ein Begriff der Hamburger Stadtaktivisten Christoph Schäfer und Margit Czenki – müsste aktiv und aufsuchend betrieben werden, da der Kleinmut der politisch Verantwortlichen gegenüber Neugründungen seine Entsprechung in einer recht still gewordenen Initiativenlandschaft gefunden hat. Dabei wären Impulse notwendig, um auch ein halbes Jahrhundert nach den gründungsfreudigen 1970er- und 1980er-Jahren neue, teilhabeorientierte öffentliche Orte zu schaffen.

In dieser Diskussion müsste die eilfertige Gleichsetzung von Lage, Preis, Image und repräsentativer Nutzung vermieden werden. Ich gehe bei diesen Zeilen davon aus, dass sich räumliche und inhaltliche Begierde an unerwarteten Stellen wecken ließe, wenn man sich aktiv auf die Suche nach jenen Akteuren und Akteurinnen machte, die zu sehr daran gewöhnt sind, ihre Tätigkeiten nur in dezentralen, prekären und meist temporären Zwischennutzungen oder als Gäste in anderen Häusern zu entwickeln.

Eine andere Zielgruppe wären die vielen Beteiligten der Sozial-, Jugend- und Bildungsarbeit, die es sich verdient hätten, auch in der zentrumsnahen, kulturgesättigten Infrastruktur eine starke Rolle zu spielen. Mir ist bewusst, dass es im Moment darum geht, die einschlägigen Angebote auch im dezentralen Stadtraum zu erweitern, doch dieser Notwendigkeit steht ein „Recht auf Stadt als Recht auf Zentrum“ (Gabu Heindl) für sonst leicht Marginalisierbares entgegen.

Starken Akzent setzen

Viele andere Szenarien und Pläne wären vorstellbar. Doch bevor es hier zu detailliert und damit kontraproduktiv wird: Zentral ist vorerst die schnelle öffentliche Intervention, da sich derartige Veränderungspotenziale nur wenige Male im Jahrhundert zeigen.
Im Vordergrund sollte das Recht auf leistbare Nutzbarkeit öffentlicher, innerstädtischer Räume stehen, dem das Gemeinwesen durch die Nutzung eines ikonischen Gebäudes Rechnung trägt. Es besteht die Chance, einen starken politischen und stadträumlichen Akzent zu setzen. Man sollte diese Chance nutzen.

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