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Export: Österreich bremst sich aus

Österreichs Exporteure leiden unter der mangelnden Bonität ihrer Kunden.
Österreichs Exporteure leiden unter der mangelnden Bonität ihrer Kunden.(c) picturedesk/Oxenbauer
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Den Versicherungen sind die Geschäfte der hiesigen Exporteure zu heikel. Der Staat soll als Bürge einspringen.

Wien. Die heimischen Exportunternehmen stehen vor einem schwerwiegenden Dilemma: Sie bekommen zwar wieder vermehrt Aufträge aus dem Ausland, können sie aber oft nicht annehmen. Grund dafür: Die Versicherungskonzerne, die bei Lieferungen in andere Länder üblicherweise dafür haften, wenn die Abnehmer nicht zahlen, steigen reihenweise aus dem Geschäft aus. Durch die Coronapandemie ist die Bonität vieler Unternehmen so stark gesunken, dass niemand den österreichischen Lieferanten das Risiko eines Zahlungsausfalls ihrer Kunden abnehmen will. Die Exporteure fürchten, dass langjährige Kunden zur Konkurrenz überlaufen. Schuld sei daran auch die Politik.

„Die Aufträge sind da“, sagt Stefan Greimel, Geschäftsführer des Automobilzulieferers Tribotecc, einer Tochter der Treibacher Industrie AG, zur „Presse“. Das Kärntner Unternehmen erzeugt Metallsulfide für Bremsbeläge und erwirtschaftet fast den kompletten Jahresumsatz von knapp 70 Millionen Euro im Ausland. Heuer wird das nicht glücken: „Ich stehe bei jeder größeren Lieferung vor der Entscheidung, ob wir uns dieses Geschäft noch zutrauen dürfen oder nicht“, so Greimel. Fatal in einer Situation, in dem der Betrieb ohnedies auf Sparflamme unterwegs ist und jedes Neugeschäft gut gebrauchen könnte.

Schutzschirm für Versicherer

Der Industriebetrieb ist mit seiner Sorge nicht allein. Auch alle anderen Lieferanten, von der Molkerei über den Stahlerzeuger bis zum Elektronikkonzern, haben dasselben Problem. Im „Normalbetrieb“ haften die großen Kreditversicherer wie Acredia und Coface in Österreich für potenzielle Zahlungsausfälle im Wert von 56 Milliarden Euro. 40 Milliarden davon für Exportgeschäfte, 16 Milliarden für Lieferungen innerhalb Österreichs.

Doch damit ist angesichts der Unsicherheit in der Coronakrise Schluss. Heimische Produzenten und Händler können ihre Ware daher nicht mehr wie bisher einfach auf Lieferschein liefern, sondern sollten theoretisch auf Vorauskasse bestehen. Genau das können sich die meisten Abnehmer aber mangels ausreichender Liquidität gar nicht mehr leisten.

„Für Österreichs Lieferanten führt das zu immer stärkeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber ausländischen Mitbewerbern“, warnt Kreditversicherungsexperte Peter Androsch im Gespräch mit der „Presse“. Denn viele europäische Staaten haben das Problem für ihre Exportwirtschaft frühzeitig erkannt – und gelöst. Länder wie Deutschland, Dänemark, Belgien oder die Niederlande haben bereits Corona-Schutzschirme für die Kreditversicherer gespannt, damit diese das Geschäft der heimischen Exporteure weiter ermöglichen. In Deutschland übernimmt der Staat etwa seit Mitte April bis zu 30 Milliarden Euro an möglichen Ausfällen für die Kreditversicherer. Im Gegenzug erhält er 65 Prozent der Versicherungsprämien.

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