Jahrestag

75 Jahre UNO-Charta

Das Vienna International Centre wurde 1979 eröffnet.
Das Vienna International Centre wurde 1979 eröffnet. (c) imago images/imagebroker (imageBROKER/Wilfried Wirth via w)
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Österreich trat den Vereinten Nationen 1955 bei. Seit 2011 gibt es 193 Mitgliedstaaten, 13 Friedenssicherungsmissionen laufen derzeit.

Vor 75 Jahren - am 26. Juni 1945 - haben 50 Staaten die "Verfassung der Vereinten Nationen" unterzeichnet. Zur Erinnerung an die Unterzeichnung der UNO-Charta lädt die Chefin des UNO-Büros in Wien, Ghada Waly, am Freitag zu einer virtuellen Veranstaltung im Vienna International Center. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wird eine Rede halten. Der Event wird live gestreamt.

Den Anstoß für die Unterzeichnung gab die Gründungsversammlung der Vereinten Nationen am 25. April 1945. Damals trafen sich Diplomaten aus 50 Staaten in San Francisco. Das Ende des Zweiten Weltkrieges zeichnete sich ab und die Idee eines Staatenbundes, der weltweit für Frieden und Sicherheit sorgen sollte, wurde nun wiedergeboren, nachdem dies mit dem Völkerbund nach dem Ersten Weltkrieg nicht gelungen war.

Der Völkerbund war 1920 auf Anregung des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson gegründet worden, doch da der US-Senat sich übergangen fühlte, verweigerte er eine Ratifizierung. Weil aber zu keinem Zeitpunkt alle Groß- und Mittelmächte dem Völkerbund angehörten - so waren die Sowjetunion, das Deutsche Reich, Italien oder Japan nur zeitweise Mitglieder -, war der Staatenbund bald zum Scheitern verurteilt.

Bedarf für eine internationale Organisation zur Sicherung des Weltfriedens gab es aber zweifelsohne und so nahmen der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill diese Idee während des Zweiten Weltkriegs wieder auf. Die Delegierten in San Francisco tagten schließlich wochenlang, ehe am 26. Juni 1945 mit der UNO-Charta die "Verfassung der Vereinten Nationen" von den 50 teilnehmenden Staaten unterzeichnet wurde.

Als offizielles Gründungsdatum der UNO gilt aber der 24. Oktober 1945, an dem die Urkunde von China, Frankreich, der Sowjetunion, dem Vereinigten Königreich und den USA sowie der Mehrheit der Gründungsstaaten unterschrieben wurde.

Vor 75 Jahren wurden die Vereinten Nationen gegründet.
Vor 75 Jahren wurden die Vereinten Nationen gegründet. (c) APA

Wahre Macht im Sicherheitsrat

Auch wenn die UNO-Generalversammlung (UNO-Vollversammlung), die im Normalfall einmal jährlich tagt, das zentrale Gremium der Vereinten Nationen ist, liegt die wahre Macht beim Sicherheitsrat, denn die Resolutionen der Generalversammlung sind für die Mitgliedstaaten nur bei internen UNO-Angelegenheiten bindend. Infolge der Nachkriegsordnung sind im Sicherheitsrat fünf ständige Mitglieder vertreten, die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und die Volksrepublik China, die auch ein Veto-Recht haben. Die zehn nicht-ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats werden alle zwei Jahre neu gewählt. Dabei hat Afrika den Anspruch auf drei Sitze, Asien, Lateinamerika und die karibischen Staaten sowie Westeuropa halten je zwei, Osteuropa einen Sitz.

Zum ersten Mal kamen die Mitgliedsländer am 10. Jänner 1946 in London zu einer Vollversammlung zusammen. Dort wurde festgelegt, dass der Sitz der UNO in New York sein solle. 1951 wurde schließlich das UNO-Hauptquartier am East River in Manhattan bezogen. Am 14. Dezember 1955 empfahl der UNO-Sicherheitsrat dann die Aufnahme Österreichs, das noch am selben Tag von der Generalversammlung als erster neutraler Staat in die UNO aufgenommen wurde.

Am 21. Dezember 1971 wählte die UNO-Generalversammlung den ehemaligen österreichischen Außenminister Kurt Waldheim zum Generalsekretär (Amtszeit 1972 -1981). In Waldheims Amtszeit fiel auch am 23. August 1979 die Eröffnung des Vienna International Centres (VIC). Wien war somit neben New York und Genf UNO-Amtssitz, später kam auch noch Nairobi hinzu. Mittlerweile arbeiten rund 5000 Angestellte aus mehr als 125 Ländern für die in Wien ansässigen UNO-Organisationen. Seit 2017 leitet der Portugiese Antonio Guterres die Vereinten Nationen, als Generalsekretär gilt er zweifelsohne als höchste politisch-moralische Instanz der Welt, seine reale politische Macht ist aber sehr begrenzt.

Guterres für Neuerfindung des Mulitlateralismus

Zum 75. Jahrestag der Gründung der Vereinten Nationen hat er sich für eine Neuerfindung des Multilateralismus ausgesprochen. Der derzeitigen Zusammenarbeit der internationalen Staatengemeinschaft fehle es an "Bedeutung, Ehrgeiz und Biss", sagte Guterres am Donnerstag in New York. Die Welt brauche "einen effektiven Multilateralismus, der als Instrument globaler Führung dienen kann, wenn er gebraucht wird".

Die Neuerfindung des Multilateralismus gestalte sich aber kompliziert. "Es ist schwierig, eine bedeutungsvolle Veränderung der Mechanismen globaler Führung zu erreichen, ohne die aktive Teilnahme der Weltmächte - und lassen Sie mich offen sein, deren Beziehungen untereinander waren noch nie dysfunktionaler." Er hoffe, dass die Coronavirus-Pandemie als "Weckruf" dienen könne, sagte Guterres weiter.

13 laufende Friedensmissionen

Neben Generalversammlung und Sicherheitsrat zählen auch noch der Wirtschafts- und Sozialrat und der Internationale Gerichtshof mit Sitz im niederländischen Den Haag zu den Hauptorganen. Außerdem gibt es eine Reihe von Nebenorganen und Sonderorganisationen, wie das Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR), das Weltkinderhilfswerk (UNICEF), das Welternährungsprogramm (WFP), der Internationale Währungsfonds (IWF), die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Seit ihrer Gründung konnten die Vereinten Nationen eine Reihe von Erfolgen feiern, so wirkten sie bei der Gründung des Staates Israel mit (1947 bis 1949), entschärften die Berlinkrise (1948 bis 1949), die Kubakrise (1962), die Nahostkrise (1973) - allerdings ohne diese Region dauerhaft befrieden zu können - oder halfen bei der Beendigung des Ersten Golfkriegs (1988).

Außerdem sichern die Vereinten Nationen mithilfe der dem Sicherheitsrat unterstellten Blauhelm-Truppen den Frieden in vielen Ländern. Seit Anfang der 1990er Jahre geht die UNO aber immer mehr dazu über, regionalen Organisationen wie EU, NATO oder Afrikanischer Union (AU) die Durchführung solcher Missionen zu übertragen, etwa in Afghanistan oder dem Kosovo. Momentan gibt es etwa 13 laufende Friedenssicherungsmissionen.

Vetomächte blockieren

Vieles gelang den Vereinten Nationen aber auch nicht und so konnte der Korea-Krieg und die Teilung des Landes, aber auch die Teilung Deutschlands und Berlins oder die Aufspaltung Chinas in die Volksrepublik und Taiwan nicht verhindert werden. Oft genug blockierten einander die Vetomächte im Kalten Krieg. Spätestens seit dem Irak-Krieg im Jahr 2003 sind die Vereinten Nationen zudem in einer Existenzkrise. Damals hatten die USA gemeinsam mit einer "Koalition der Willigen" unter Bruch der UNO-Charta das Zweistromland angegriffen. Die Vereinigten Staaten warfen der UNO vor, mit ihren aus dem Kalten Krieg stammenden Entscheidungsstrukturen nicht für den Kampf gegen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen gerüstet zu sein.

Tatsächlich spiegelt der Sicherheitsrat als bedeutendstes Entscheidungsgremium der Organisation die Realitäten der heutigen Welt nur unzureichend wider. Nach Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft bedeutende Staaten wie Deutschland, Japan, Brasilien, Indien oder Nigeria streben seit Jahren einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat an. Eine Reform scheiterte bisher aber immer am Veto eines der fünf Vetomächte, und daran dürfte sich wohl auch in naher Zukunft wenig ändern.

(APA)

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