Die Justiz prüft nach anonymer Anzeige Ermittlungen gegen Sobotka-Verein.
Wien. Die Opposition hat am Freitag neuerlich den Rücktritt von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Obmann des Ibiza-Untersuchungsausschusses gefordert. Wie die Fraktionschefs von SPÖ, FPÖ und Neos in einer gemeinsamen Pressekonferenz mitteilten, prüft die Staatsanwaltschaft nämlich Ermittlungen gegen das „Alois Mock Institut“, einen Verein, dessen Präsident Sobotka ist. Einen konkreten Anfangsverdacht hegt die Justiz aber noch nicht.
Die drei Parteien halten Sobotka schon länger für befangen und nicht geeignet, den Vorsitz im Ibiza-U-Ausschuss zu führen. Ein Argument dafür ist, dass der ÖVP-Politiker auch Präsident des „Alois Mock Instituts“ ist. Dieser Verein mit Sitz in St. Pölten erhielt in den vergangenen Jahren Geld vom Glücksspielkonzern Novomatic, dessen Involvierung in die Casinos-Affäre und mutmaßliche verdeckte Parteispenden geprüft wird.
Im U-Ausschuss war das „Alois Mock Institut“ schon vor zwei Wochen Thema. Nach Angaben der Oppositionspolitiker ist seit Donnerstagabend bekannt, dass es wegen des Vereins nun auch behördliche Ermittlungen gibt. „Wenn ein Präsident Gegenstand von Untersuchungen wird, kann er nicht Vorsitzender des Untersuchungsausschusses sein“, sagte SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer. Außerdem werde Sobotka jedenfalls als Zeuge geladen: „Es ist noch nie ein Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses geladen worden. Wenn jemand weiß, er wird geladen, dann zieht er sich zurück.“
Allerdings hat die Staatsanwaltschaft bisher noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Vielmehr prüft Sie auf Basis eines anonymen Hinweises, ob ein ausreichender Anfangsverdacht vorliegt. Weitere Akten dazu liegen der Justiz nicht vor. Sollte ein Verfahren eingeleitet werden, will das Justizministerium lieber keine Unterlagen liefern, um allfällige Zwangsmaßnahmen nicht zu gefährden, teilte es in einem Schreiben vorsorglich dem Nationalrat mit.
Von diesem Brief hatte Sobotka den Fraktionen am Donnerstagabend berichtet. Für FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker ist sein Rücktritt damit „unumgänglich“. Auch Neos-Fraktionschefin Stephanie Krisper sagte, schon länger auf die „Anscheinsbefangenheit“ Sobotkas hingewiesen zu haben. Wie viel Geld die Novomatic an das „Alois Mock Institut“ überwiesen hat, ist nicht bekannt. Ein Sprecher bezifferte die Einnahmen aus Inseraten für 2019 mit 5250 Euro. Unbekannt sind die Sponsorings und Inserate für die Jahre davor. Außerdem wird der Verein von Firmen im Nahebereich des Landes Niederösterreich unterstützt.
Huber-Rücktritt wegen Krisper
Inzwischen gab Ilse Huber am Freitag ihren Rücktritt als Verfahrensrichterin bekannt. Huber war von der Opposition mehrfach für ihre Arbeit im U-Ausschuss kritisiert worden. Das Fass zum Überlaufen brachte eine beleidigende Aussage von Krisper, die Huber auf sich bezogen hat: „So etwas habe ich in meiner jahrzehntelangen Laufbahn als Richterin noch nie erlebt und so etwas hätte ich auch niemals erwartet.“ (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2020)