„Todtnauberg“

Heidegger und Celan: Geschichte einer „Nichtbegegnung“

Versprachen sich viel von ihrem Treffen 1967: Martin Heidegger und Paul Celan.
Versprachen sich viel von ihrem Treffen 1967: Martin Heidegger und Paul Celan.Fotos: Fritz Eschen, Heinz Köster/beide Ullstein
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Am 25. Juli 1967 fuhren Paul Celan und Martin Heidegger gemeinsam in den Schwarzwald. Dieses Treffen zeichnet Hans-Peter Kunisch in seinem Band „Todtnauberg“ akribisch nach. Ein philosophischer Thriller der Sonderklasse.

Zweifellos ist nicht nur die Person Martin Heidegger in den Nationalsozialismus verstrickt, sondern auch sein Denken. Wenn Peter Trawny, der Herausgeber der „Schwarzen Hefte“, also der Notizbücher des Philosophen, Heideggers Denken als nationalsozialistisch infiziert darstellt, dann ist das eine leichte Übung. Viel schwerer wäre es zu erklären, was jüdische Intellektuelle wie Hannah Arendt oder Paul Celan auch nach dem Krieg noch am Denken Heideggers fasziniert hat. Eine Spur dazu hat Silvio Vietta, dessen Mutter mit Heidegger eine Liaison hatte, in dem Band „Etwas rast um den Erdball . . .“ gelegt.

Einen anderen Ansatz wählt Hans-Peter Kunisch, indem er akribisch den Spuren der drei Begegnungen zwischen Heidegger und Celan in den Jahren 1967 bis 1970 nachgeht. Arrangiert hat diese Treffen der Freiburger Germanist Gerhart Baumann, der bei Heidegger studiert und über Celan geforscht hatte. Was Kunisch in „Todtnauberg“ nun vorlegt, ist ein philosophischer Thriller der Sonderklasse. Nach 350 Seiten ist man versucht, mit Marcel Reich-Ranicki das Brecht-Zitat auszurufen: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Die Enttäuschung betrifft jedoch nicht die Lektüre von Kunischs großem Buch, sondern vielmehr die darin zutage tretende Haltung Heideggers. Und das gerade deshalb, weil sie einem danach so erklärlich wie nie zuvor erscheint. Die Stärke von Kunischs Band liegt in der Kenntlichmachung der Unausweichlichkeit der „unmöglichen Begegnung“ zwischen Celan und Heidegger, die an eine griechische Tragödie denken lässt.

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