Gastbeitrag

Wie Corona Kündigungen beeinflusst

Bis die Industrie auf Touren kommt, dürfte es noch einige Zeit dauern.
Bis die Industrie auf Touren kommt, dürfte es noch einige Zeit dauern. (c) REUTERS (Fabian Bimmer)
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Vorangegangene Kurzarbeit schwächt die Rechtsposition von Mitarbeitern, ein schwacher Arbeitsmarkt stärkt sie.

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Wien. Das war's leider noch nicht: Während die Arbeitslosenzahlen bereits einen historischen Höchststand erreicht haben, ist zu befürchten, dass es in den nächsten Monaten noch zu einem zusätzlichen sprunghaften Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen wird. Die „tiefste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg“ wird viele Branchen lang beschäftigen. Deshalb treffen jetzt viele Unternehmen Vorkehrungen, um nach Ende der Kurzarbeit Kündigungen auszusprechen.

Bis einen Monat nach Ende der Kurzarbeit sind Unternehmen grundsätzlich verpflichtet, den Beschäftigungsstand zu halten. In dieser Zeit können betriebsbedingte Kündigungen nur unter strengen Voraussetzungen ausgesprochen werden – sie benötigen eine Zustimmung der Gewerkschaft bzw. des Betriebsrats (falls errichtet) und der regionalen Geschäftsstelle des AMS. Bei Kurzarbeit nach dem 1. Juni muss zusätzlich der Fortbestand des Unternehmens in hohem Maße gefährdet sein.

Nach Ablauf der Behaltefrist sind Kündigungen allerdings ohne Weiteres zulässig, ja sogar leichter als sonst umsetzbar, kurioserweise gerade wegen der vorherigen Einführung von Kurzarbeit. Diese darf das AMS nämlich nur dann genehmigen, wenn sich ein Unternehmen in vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Die Tatsache, dass die Kurzarbeit vom AMS genehmigt wurde, kann also als eine Art amtliche Bestätigung dafür gesehen werden, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten tatsächlich bestehen und Kündigungen im Anschluss an die Kurzarbeit betrieblich begründet und daher rechtskonform sind.

Auch Unternehmen, die sich nie in Kurzarbeit befunden haben, steht es offen, aus unternehmerischen Gründen Kündigungen auszusprechen. Daran hat Corona nichts geändert. Neu ist aber, dass Arbeitgeber durch die schlechte Arbeitsmarktlage im Falle der Anfechtung einer Kündigung bei Gericht vor besonderen Herausforderungen stehen. Denn bei Kündigungsanfechtungen sind die Erfolgschancen der Mitarbeiter umso besser, je länger sie keinen adäquaten Job am Arbeitsmarkt finden.

Jobsuche besonders schwierig

Über die Jobaussichten befindet vor Gericht in der Regel ein Sachverständiger der Berufskunde. Es versteht sich von selbst, dass aufgrund der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage die Jobsuche besonders lang dauern wird und Mitarbeiter besondere Schwierigkeiten haben werden, nach einer Kündigung überhaupt einen halbwegs vergleichbaren Job zu finden. Um einen Arbeitsgerichtsprozess zu gewinnen, werden Arbeitgeber in einer solchen Situation mit gewichtigen betrieblichen Gründen für eine Kündigung aufwarten müssen, wie z. B. dem ersatzlosen Wegfall von Arbeitsstellen, der Verlagerung von Positionen ins Ausland oder der Einschränkung oder Schließungen ganzer Abteilungen.

Der effektivste Weg, Streitigkeiten nach der Auflösung von Dienstverhältnissen zu vermeiden, ist nach wie vor die einvernehmliche Lösung. Dazu sind Mitarbeiter gerade in einer schwierigen Arbeitsmarktlage allerdings meist nur dann bereit, wenn der Arbeitgeber Abfindungszahlungen leistet. Deren Höhe bemisst sich in der Praxis nach dem (theoretischen) Risiko beider Seiten in einem Arbeitsgerichtsprozess, der nach einer Kündigung angestrengt werden könnte. Diese Zahlungen rangieren üblicherweise zwischen zwei und acht Monatsgehältern. Auch wenn ein Prozess bereits anhängig sein sollte, kann dieser in jedem Stadium durch eine Abfindung beendet werden. Es empfiehlt sich, diese als „Abgangsentschädigung“ zu führen, da eine solche von Sozialversicherungsbeiträgen befreit ist.

Eine besondere steuerliche Begünstigung erfahren Abfindungszahlungen immer dann, wenn diese auf Basis eines Sozialplans geleistet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Betriebsrat zustimmt und ein „Restrukturierungsfall“ vorliegt. Dieser kann z. B. in einem Personalabbau bestehen, der das Frühwarnsystem beim AMS auslöst, weil er bestimmte Schwellenwerte überschreitet. Aber auch gänzliche oder teilweise Betriebsschließungen oder -einschränkungen können als Restrukturierungsfall gelten. Zusätzlich muss sich die Restrukturierung auf einen Betrieb mit mindestens 20 Arbeitnehmern beziehen, und von diesen Arbeitnehmern muss ein „erheblicher Teil“ (Daumenregel: mindestens ein Drittel) betroffen sein.

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