Diplomatie

Schallenberg: Demonstranten sind keine Terroristen

INTERVIEW: SCHALLENBERG
INTERVIEW: SCHALLENBERGAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der österreichische Außenminister hat den türkischen Botschafter zu sich zitiert. Er forderte diesen auf, Demonstranten in Zukunft nicht mehr als Unterstützer von Terrororganisationen zu bezeichnen.

Nach den Ereignissen in Favoriten hat die österreichische Regierung den türkischen Botschafter Ozan Ceyhun ins Außenministerium zitiert. Bei dem Treffen forderte Außenminister Alexander Schallenberg die offiziellen Vertreter der Türkei auf, Demonstranten in Zukunft nicht mehr als Unterstützer von Terrororganisationen zu bezeichnen. Das teilte das Außenministerium nach dem Gespräch mit.

"Demonstranten als Unterstützer von Terrororganisationen zu bezeichnen, ist eine Diktion, die wir ablehnen. Der Minister hat dringend gefordert, solche Aussagen künftig zu unterlassen. Das Recht auf Versammlung- und Meinungsfreiheit ist in Österreich ein hohes Gut", hieß es in der Mitteilung. Der Botschafter wurde weiters gebeten, einen "Beitrag zur Deeskalation" zu leisten, "anstatt Öl ins Feuer zu gießen". Zudem betonte Schallenberg: "Es ist in unser aller Interesse, dass kein Import ausländischer Konflikte nach Wien stattfindet."

Türkei: Kein „ehrlicher Kampf" gegen PKK

Schallenberg spielte auf die Stellungnahme der Türkei an, bei dem zudem der österreichische Botschafter für Montag in das Außenamt "eingeladen" worden war. Dabei übte die türkische Regierung harsche Kritik daran, dass vier Tage lang die Kurden-Demos in Wien stattfinden und von den österreichischen Behörden zugelassen werden. 

Dass in Wien "von der Terrororganisation PKK (Arbeiterpartei Kurdistans, Anm.) und ihren Unterstützern seit einigen Tagen Demonstrationen veranstaltet werden, ist ein weiterer Beleg, wie wenig ehrlich der Kampf mit dem Terror geführt wird", heißt es in der Mitteilung des türkischen Außenministeriums. "Es kann keinesfalls akzeptiert werden, dass über diese Demonstrationen Propaganda für die Terrororganisation PKK gemacht, bei der Verwendung ihrer Symbole weggeschaut und unser Land ins Visier genommen wird", so das türkische Ministerium. Außerdem "verurteilen wir den harten Einsatz der Polizei, der dazu geführt hat, dass türkischstämmige junge Menschen verletzt und der türkischen Gemeinschaft gehörende Geschäfte beschädigt wurden".

Die österreichischen Behörden sollen den Kampf mit der von der EU als Terrororganisation eingestuften PKK ernsthaft führen und nicht das Thema zu einer populistischen Politik nutzen, heißt es in der Aussendung.

Das Außenministerium bestätigte das Treffen für Montag im türkischen Außenministerium. Aus terminlichen Gründen wird der Termin aber nicht von Botschafter Johannes Wimmer selbst, sondern vom Geschäftsträger der Botschaft wahrgenommen, hieß es aus dem österreichischen Außenministerium.

Österreich weist Vorwürfe zurück

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wies am Montag Vorwürfe der Türkei zurück, die österreichischen Behörden würden Veranstaltungen "der Terrororganisation PKK und ihrer Unterstützer" in Wien zulassen. Die PKK sei in Österreich verboten, und so, wie man gegen den rechtsextremen Wolfsgruß vorgehe, gehe man auch gegen Symbole der PKK vor: "Wir gehen da mit dem selben Maß vor", betonte Nehammer.

Bei mehreren Demonstrationen von Kurden und Linken in Wien-Favoriten in der vergangenen Woche war es mehrfach zu tätlichen Auseinandersetzungen mit türkischen Nationalisten - darunter Anhängern der rechtsextremen "Grauen Wölfe" - gekommen. Die Bundesregierung kündigte am Montag einen Runden Tisch zu den Vorfällen an. Es sei "völlig inakzeptabel", dass auf österreichischem Territorium türkische Konflikte ausgetragen würden, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz.

(APA)

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