Clemens Tönnies ist angezählt: als Patriarch eines Wurst-Imperiums und des Fußballklubs Schalke 04. Über Aufstieg und Fall eines Fleischhauers aus Rheda-Wiedenbrück.
Fußball ist an diesem Samstag Nebensache. Während Schalke auswärts kickt, bilden 1200 Anhänger der Königsblauen zu Hause in dem Gelsenkirchener Stadtteil eine Menschenkette um das Vereinsgelände. Die Parole lautet: „Schalke ist kein Schlachthof – gegen die Zerlegung unseres Vereins.“ Die Protestierenden sagen in die Kameras unschöne Dinge über ihren Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, imBrotberuf Deutschlands bekanntester Fleischfabrikant. Der 64-Jährige sei „arrogant und abgehoben“. Sie zeichnen das Bild eines gnadenlosen Patriarchen: „Sobald einer Kritik übt, wird er abserviert.“ Sie stöhnen über den „Imageschaden“ für den Kumpel- und Malocher-Klub, weil in Tönnies' Fleischimperium ostdeutsche Arbeiter über Subunternehmen unter miserablen Bedingungen schuften. Was aber schon lang jeder wusste, der es wissen wollte.
Über Clemens Tönnies hat sich der perfekte Sturm zusammengebraut. Es wankt nicht ein Lebenswerk. Es wanken zwei. Zeitgleich. Der „Kotelett-Kaiser“ ist das deutsche Gesicht der Coronakrise. Die Masseninfektionen in seinem Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück, dem größten der Republik, haben zwei Landkreise in Nordrhein-Westfalen mit knapp 640.000 Einwohnern in einen neuerlichen Lockdown gezwungen. Tönnies wähnt seinen Konzern in einer „existenziellen Krise“. Und auf Schalke ist der einst allmächtige Aufsichtsratschef angezählt.