Medienberichte

China erlässt umstrittenes Sicherheitsgesetz für Hongkong

APA/AFP/ISAAC LAWRENCE
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Größte Pro-Demokratie Partei löst sich auf, der bekannte Aktivist Joshua Wong und andere demokratische Anführer waren davor aus Partei ausgetreten.

China hat nach Hongkonger Medienberichten das umstrittene Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong erlassen. Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses habe das Gesetz am Dienstag in Peking verabschiedet, berichteten die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" und der Sender Now TV übereinstimmend.

Es richtet sich vor allem gegen Aktivitäten, die von Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Auch soll es "heimliche Absprachen" von Aktivisten mit Kräften im Ausland bestrafen. Die demokratische Opposition in Hongkong fürchtet, zum Ziel des Gesetzes zu werden.

Text bisher streng geheim

Das Votum sei einstimmig durch die 162 Mitglieder des Ständigen Ausschusses erfolgt, berichtete die "South China Morning Post". Eine offizielle Bestätigung der Verabschiedung lag in Peking zunächst nicht vor. Auch Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam, die kurz nach den Berichten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion vor die Presse trat, wollte sich nicht zu dem Gesetz äußern.

Nach unbestätigten Medienberichten soll das Gesetz als Höchststrafe lebenslange Haft vorsehen. Einzelheiten des Gesetzes, das nach der Verabschiedung als Anhang in Hongkongs Grundgesetz aufgenommen wird, sollen erst am Nachmittag Ortszeit in Peking veröffentlicht werden. Bisher war der Text streng geheim gehalten worden.

Prodemokratische Partei löst sich auf

Wie verzweifelt die Lage ist, zeigt auch die Reaktion der Demokratie-Aktivisten: Nach der Verabschiedung des umstrittenen "Sicherheitsgesetzes"  hat die pro-demokratische Partei Demosisto ihre Auflösung bekannt gegeben. "Nach vielen internen Beratungen haben wir beschlossen, uns aufzulösen und unter den gegebenen Umständen alle Tätigkeiten als Gruppe einzustellen", teilte Demosisto am Dienstag auf Twitter mit.

Der Partei gehörte auch der bekannte Demokratie-Aktivist Joshua Wong an. Wong und drei weitere Aktivisten hatten kurz zuvor ihren Austritt aus der Partei bekannt gegeben. Es wird vermutet, dass sie die Partei vor einer möglichen Strafverfolgung schützen wollten, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist. "Ich werde meine Heimat - Hongkong - weiterhin verteidigen, bis sie mich stumm schalten und von diesem Land vertreiben", schrieb Wong auf Facebook über seinen Austritt.

EU berät über „mögliche Reaktion“

Das Sicherheitsgesetz stößt in Hongkong und auch international auf scharfe Kritik. Es ist der bisher weitestgehende Eingriff in die Autonomie der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Kritiker befürchten ein Ende des Grundsatzes "ein Land, zwei Systeme", nach dem die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 unter chinesischer Souveränität regiert wird. Mit dem Gesetz umgeht die kommunistische Führung das Hongkonger Parlament.

So hat die Europäische Union das von China verabschiedete "Sicherheitsgesetz" für Hongkong scharf kritisiert. "Wir bedauern die Entscheidung", sagte Ratspräsident Charles Michel am Dienstag in Brüssel. Die EU habe China ihre große Sorge über das Gesetz mitgeteilt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, die EU werde nun mit ihren internationalen Partnern über mögliche Maßnahmen als Reaktion beraten.

„Ausländische Doppelmoral"

Die pekingtreue Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, hat das neue "Sicherheitsgesetz" freilich verteidigt. Das Gesetz werde das hohes Maß an Autonomie Hongkongs nicht aushöhlen, sagte Lam am Dienstag in einer Videobotschaft vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf. Wesentliche Rechte wie die Freiheit der Rede, der Presse und die Demonstrationsfreiheit würden weiter gewährleistet.

Allen ausländischen Staaten, die das Vorgehen Chinas kritisierten, warf Lam Doppelmoral vor. "Alle die, die mit dem Finger auf China deuten, haben ihren eigene Gesetzgebung zur nationalen Sicherheit", sagte sie. Es sei kein Grund vorstellbar, warum China kein Recht haben sollte, jeden Winkel seines Staates zu schützen.

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