Baufonds-Prozess

Schönborn als Zeuge: „Das Geld ist noch da“

Kardinal Christoph Schönborn und Ex-Innenministerin Maria Fekter kamen als Zeugen zum Stadterweiterungsfonds-Prozess in Wien.
Kardinal Christoph Schönborn und Ex-Innenministerin Maria Fekter kamen als Zeugen zum Stadterweiterungsfonds-Prozess in Wien.APA/Georg Hochmuth
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Was geschah mit dem Geld, das vier hohe Beamte veruntreut haben sollen? Es wurde zum Teil gespendet. Etwa an die Kirche. Kardinal Christoph Schönborn bestätigt als Zeuge eine 250.000-Euro-Spende.

Ein Gerichtsprozess in Corona-Zeiten kann so seine Tücken haben. Als Richterin Claudia Moravec-Loidolt am Dienstag Kardinal Christoph Schönborn fragt, ob er die Angeklagten persönlich kenne, blickt dieser in die Runde. Gespannte Stille im Saal. Auffällig lange mustert Schönborn die vier Männer. Einer der Verteidiger bricht das Schweigen. Und schlägt vor, die Angeklagten mögen doch ihr Mund-Nasen-Masken abnehmen. Das geschieht. Und der Kardinal hat sofort ein Aha-Erlebnis.

So wird am Dienstag der Untreue-Prozess um jenen Baufonds fortgesetzt, der am 20. Dezember 1857 von Kaiser Franz Josef I. per Handschreiben gegründet worden ist (erst 2017 wurde der Fonds, zuletzt hieß er Stadterweiterungsfonds, aufgelöst). Die Angeklagten, der frühere Geschäftsführer des Fonds, J., sowie drei hohe Beamte des Innenministeriums, darunter auch der Chef der Rechtssektion, Matthias Vogl, sollen Fonds-Gelder, 1,1 Millionen Euro, zweckwidrig verwendet haben. Etwa für caritative Zwecke. Anstatt für öffentliche Bauten in Wien. Die vier Angeklagten sind einst im Kuratorium des im Innenressort eingerichteten Fonds gesessen. Nun bekennen sie sich nicht schuldig.

Ein schriftlicher Beleg fehlt

Sie versichern, es sei im Sinne der 2006 verstorbenen ÖVP-Innenministerin Liese Prokop gewesen sei, das restliche Fonds-Geld wohltätig zu vergeben. Dafür gibt es aber keinen schriftlichen Beleg. Laut Korruptionsstaatsanwaltschaft sei das Geld zu einem Gutteil Einrichtungen des Innenressorts zugute gekommen. Außerdem: Bestimmte Stellen seien nur bedacht worden, „um das Image der Angeklagten bzw. des Innenministeriums zu pflegen“.

Laut Anklage seien die vier Männer in einer Kuratoriumssitzung überein gekommen, insgesamt 650.000 Euro an kirchliche Organisationen fließen zu lassen. Tatsächlich erhielt zum Beispiel die Erzdiözese Wien im Oktober 2008 exakt 250.000 Euro überwiesen.

Ein hocherfreuter Kardinal

Den Kontakt zwischen der Erzdiözese und den Fonds-Verwaltern stellte damals der Regionalvikar von Opus Dei in Österreich her. Konkret sei das Geld als Zuschuss für den Bau einer Kirche in der Seestadt Aspern gedacht gewesen, bestätigt am Dienstag Schönborn als Zeuge. Als ihm die Spendenwilligkeit mitgeteilt wurde, sei er „hocherfreut“ gewesen.
Die Richterin: „Was wurde aus der Kirche?“ Schönborn: „Wir dachten, dass die Kirche 2012 steht, aber das Ganze geht viel langsamer als geplant.“ Am Campus der Religionen in Aspern (22. Bezirk) stehen bis heute keine Bauten von Religionsgemeinschaften. Aber jedenfalls eine katholische Kirche solle es dort einmal geben. Schönborn zur Campus-Idee: „Wir sind nach wie vor an Bord.“ Und: „Jetzt, im Juli, entscheidet eine Jury über die vorliegenden Kirchen-Bauprojekte.“ Und das Geld aus dem Fonds? Was wurde daraus? Der Kardinal als Zeuge: „Das Geld ist noch da. Es liegt zweckgebunden auf einem Treuhanddepot und wartet immer noch darauf, dass die Kirche gebaut wird.“

Und dann ist da noch die Sache mit dem kirchlichen Orden für die Angeklagten. Nämlich die Verleihung des Ritterkreuzes des päpstlichen Silvester-Ordens. Diese sei auch auf Vermittlung des katholischen Opus Dei erfolgt. Es handle sich übrigens nicht um einen hohen, sondern um einen eher niedrigen Orden, erklärt nun der ganz in schwarz gekleidete Kardinal. Die Richterin: „Bekamen die Angeklagten den Orden für die Spende?“ Der Zeuge: „Die Spende spielt sicher eine Rolle, aber nicht die einzige.“ Es gehe immer auch um die Anerkennung des Engagements für die Kirche.

Auch ein anderer Zeugenauftritt wird am Dienstag mit Spannung erwartet: der von Ex-ÖVP-Innenministerin Maria Fekter, sie ist mittlerweile, wie sie sagt, „Pensionistin“. Sie gibt zu Protokoll: „Mir wurde bei Amtsantritt (2008, Anm.) erklärt, dass der Fonds aus der Prokop-Zeit stammt und das Vermögen sukzessive karitativ ausgegeben wird, weil der Fonds beendet werden soll.“ Doch auch Fekter sollte im Laufe ihrer Amtszeit noch nähere Bekanntschaft mit dem Fonds machen.
Als Innenministerin wollte sie damals ein Asylzentrum im burgenländischen Eberau errichten. Das Projekt scheiterte am massiven Widerstand der Bevölkerung. Allerdings war da das Grundstück schon gekauft. Mit dem Geld des kaiserlichen Baufonds.

„Bin ja keine Oberjuristin“

„Ich habe das gutgeheißen“, sagt nun die frühere Ministerin – und fügt an, ihr sei das von ihren Beamten empfohlen worden. Diese hätten auch gemeint, es sei von Vorteil dafür die Satzung des Fonds zu ändern. Gesagt, getan. Danach stand dann auch der Erhalt des „sozialen Friedens“ in der Satzung. Fekter: „Ich hatte Vertrauen, dass das korrekt ist. Das sind ja hervorragende Juristen.“

Und: „Es war eine diskrete Vorgangsweise, aber die einzige Möglichkeit das Projekt ,Eberau‘ auf Schiene zu bringen.“ Als die Richterin dann noch eine Frage zur rechtlichen Seite der pikanten Angelegenheit stellt, antwortet Fekter so: „Ich bin ja keine Oberjuristin. Ich war Politikerin.“ Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Ein Urteil ist für Donnerstag geplant.

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